Das Deutsche Haus hat sich mittlerweile komplett gefüllt und präsentiert sich international. Bei kommt aus Peking, Pierre und Damian aus Montpellier, Judy aus Kanada und Jan aus Polen, dazu eine starke bayerische Fraktion.
Hier hat sich wirklich eine tolle Truppe versammelt und wir haben viel gemeinsamen Spaß. Thomas ist der große Organisator, Judy backt die besten Kuchen und Jan kocht wie der Weltmeister. Zwischendrin interessante Filmvorführungen, z.B. gestern von Gerald über seine Besteigung auf den Mt. McKinnley. Und zwischendrin immer wieder Läuferbesuch und überhaupt, richtig klasse hier.
Nach dem gemeinsamen Ausflug vom Mittwoch auf den Aiguilles de Midi, stand am späten Mittwochnachmittag noch ein interessanter Vortrag samt Esseneinladung von Finishern des RacingThePlanet statt wo es auch Bilder zu den vier Wüstenläufen zu sehen gab. Heute Nachmittag geht’s rund, Pasta Party für alle die hier vorbei schauen.
Tom erwägt nach dem Abbruch beim PTL doch tatsächlich noch einmal beim UTMB an den Start zu gehen, falls dies überhaupt möglich ist …wird gecheckt. Ja, auch das ist Chamonix, Treffpunkt der Verrückten.
TDS (Sur les Traces des Ducs de Savoie)
Bereits seit Mittwoch 7 Uhr ist der TDS im Gange. 1500 Läufer durchqueren Savoyen und das Aosta Tal, dabei haben sie 119 km und 7250 Hm zu absolvieren. Maximale Zeit dafür 33 Stunden. Die Sieger sind bereits gestern Abend durchs Ziel gegangen. Bei den Herren Arnaud Bonmati in 15:09 und Nathalie Mauclair in 17:36 Std. bei den Frauen.
Die Läufer heute um die Mittagszeit haben bereits über 27 Stunden hinter sich, aber alle werden mit viel Beifall bei ihrem Zieleinlauf durch die Fußgängerzone von Chamonix empfangen. Unterschiedlich ist die Art der Fortbewegung, manche sprinten, gehen oder humpeln nur mehr ins Ziel am Place du Triangle de l’Amitié.
Seit 10 Uhr läuft die Starnummernausgabe und der Ausrüstungscheck für die Teilnehmer von UTMB und auch noch von CCC. Wer nicht schon frühzeitig da war, muss sich in einer mehrere hundert Meter langen Schlange einreihen. Chamonix füllt sich.
Für mich wird es auch langsam ernst, die Spannung und mein Adrenalinspiegel steigen. Drückt mir die Daumen, ich habe jede Hilfe nötig, auch wenn es bei mir nur der „Bambinilauf“ über 101 km und 6100 Höhenmeter ist.
Der Tag beginnt schlecht, unser Team beim PTL die „Les Émeus Rampants“ (Die verrückten Emus), musste in der Nacht ihr Abenteuer aufgeben. Gesundheitliche Probleme, brutal schwierige Strecke und Dauerregen zwangen Uwe, Eric und Tom dazu. Tom hat am Montag im Deutschen Haus nach seinem Wechsel vom UTMB auf den PTL sofort wieder ausgecheckt und steht jetzt enttäuscht in der Tür. Er benötigt sein Bett wieder. Vorher erzählt er uns seine Story.
Aiguille de Midi
Dann geht es wieder hinauf. Teil zwei meines Höhenanpassungstrainings findet fast Aug in Aug mit dem Mont Blanc statt. Ihr dürft mich wieder visuell begleiten, ich verspreche euch spektakuläre Aussichten über das Mont Blanc Massiv. Der Aiguille de Midi ist der Vorposten des Mont Blanc auf 3842 m Höhe. Für die zwei Stationen bis ganz hinauf sind 50 € zu berappen, aber jeden Euro wert.
Dass Killian Jornet den Rekord beim UTMB mit 20:36 Stunden hält, wird vielen Trailrunnern bekannt sein. Es gibt aber von ihm noch ein paar weitere unglaubliche Bestleistungen auf den Gipfel des Mont Blanc. Noch nie ist ein Mensch schneller von Chamonix auf den Gipfel und wieder zurück ins Stadtzentrum gelaufen wie er. Für die 3773 Höhenmeter benötigte er im Juli sage und schreibe 4:57 Stunden. Den Rekord auf der Strecke Courmayeur-Chamonix über den Mont Blanc nennt er auch sein Eigen mit 8:42 Std. Wer einmal hier oben auf dem Aiguille de Midi gestanden ist, rückt noch näher an diese unfassbaren Leistungen heran.
Alles ist beim Ultra-Trail du Mont-Blanc fast minitiös geplant, so auch die Startnummernausgabe. Man kann nicht einfach von Montag bis Freitag seine Unterlagen abholen, sondern die Zeiten für die einzelnen Bewerbe sind genau geregelt. Mittwoch 13 – 19 Uhr und Donnerstag 10 – 19 Uhr sind die Teilnehmer des CCC an der Reihe, dazu gehören auch Jan und ich. Wir scheitern bereits am Eingang und werden wieder zurück geschickt. Für den Chip müssen 20 Euro Pfand hinterlegt werden, man akzeptiert ausschließlich eine 20 Euro-Note. Wir haben aber beide nur Zehner in der Tasche und müssen so erst noch einmal zum Geld wechseln.
Wichtigster Prüfstein ist der Check der Ausrüstung. Eine DIN A4-Seite ist die Liste der Pflichtausrüstung lang und erst nachdem alles vorgewiesen werden kann, darf man sich Station für Station im Centre Sportif vorarbeiten.
Anschließend statten wir noch der Messe einen Besuch ab. Das Hüttendorf in Chamonix nennt sich Salon Ultra-Trail. Wem noch ein Teil seiner Ausrüstung fehlt, der wird hier garantiert fündig. Alle namhaften Hersteller der Ausrüstungsbranche sind vertreten. Großartige Schnäppchen darf man aber nicht erwarten.
Blauer Himmel, der Mont Blanc strahlt in voller Pracht. Was für ein Morgen.
Heute steht in Chamonix kein Start auf dem Plan. Ich zeige euch einmal das Deutsche Haus in Chamonix, man kennt ja so was bereits aus dem Fernsehen von Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften. Jetzt gibt’s das auch beim UTMB.
Jan und ich haben uns hier einquartiert. Ein wunderschönes Chalet von 1920, das von Thomas Bohne angemietet ist und wieder bevorzugt an alle Deutschen, die hier am Start sind, weitervermietet wird. Wir haben eine Sauna im Haus und einen tollen Wirlpool im Freien. Für beste Vorbereitung ist also gesorgt.
Das Haus dient als zentraler Treffpunkt und steht für alle Deutschen Athleten in Chamonix offen. Zugleich ist hier auch so etwas wie das deutsche Pressezentrum. Thomas und „Trailschnittchen“ Julia Böttger vertreten das Trail Magazin, ich Trailrunning.de. Das Haus befindet sich zehn Gehminuten vom Zentrum von Chamonix entfernt und liegt somit ideal für uns. Während der Wettkampfwoche hat Thomas auch einige Veranstaltungen im Haus organisiert, wie z.B. am Donnerstag eine Pasta Party. Wir sind hier ein netter Haufen und wer vor Ort ist, schaut‘s vorbei: 210 Monteé de la Croix des Moussoux.
Was macht man an so einem relativ ruhigen Tag in Chamonix? Ja, natürlich Akklimatisation. Vor ein paar Wochen im Pitztal habe ich am eigenen Leib erfahren müssen, dass das wichtig sein kann. Mit ein paar Hausbewohnern (Jan, Gerald, Leni, Axel, Patrizia) machen wir eine Bergtour. Kommt’s mit hinauf zum Col Cornu, ich zeige euch als Vorgeschmack das Mont Blanc Massiv. Wir fahren genau gegenüber des „weißen Bergs“ mit der Bahn auf den Plan Praz (2000 m) und beginnen von dort eine Wanderung über den Col Cornu zum Lac Noir bis auf 2540 m. Insgesamt sind wir fast 4 Stunden auf über 2000 m unterwegs. Das sollte zum Eingewöhnen reichen.
Wo steht unser Deutsch-Holländisches Team mit Uwe, Eric und Tom? Am Nachmittag haben sie knapp 50 km absolviert, sind dabei über 3700 Höhenmeter aufgestiegen und liegen damit inoffiziell auf Rang 52. Die Wetterspezialisten des UTMB hatten übrigens recht, es graupelt ab Nachmittag über 2500 Meter und es kommt auch einiges an Regen vom Himmel. Der Mont Blanc hat sich wieder komplett verhüllt.
Chamonix ist herausgeputzt, die Innenstadt reichlich bevölkert, die zahlreichen Sportgeschäfte bereits von Läufern belagert. Nur der Hauptdarsteller, der höchste Berg der Alpen, hüllt sich seit meiner Ankunft in Wolken. Servus aus Chamonix. Ich bin bereits vor Ort und werde euch schon mal vor meinem Start etwas mit Live-Bildern und -Bericht versorgen.
Die Ersten werden die Letzten sein, könnte das Motto für die Teilnehmer des PTL (La Petite Trotte à Léon) lauten. Sie sind die Ersten, die unter dem Starttor des Ultra Trail du Mont Blanc am Place Triangle de l’Amitié stehen. Bis spätestens Sonntag um 14:00 Uhr, also nach maximal 136 Stunden, sollen sie wieder in Chamonix eintreffen.
21:30 Uhr, Chamonix, Place Triangle de l’Amitié
Es ist der Wahnsinn, die mehrere hundert Meter lange Startgerade ist bereits probenvoll, mindestens in Fünferreihen stehen die Zuschauer bereit und warten auf ihre Helden. Nach und nach tröpfeln die Protagonisten ein und werden bejubelt wie Pop-Stars. Ich hab so was noch nicht erlebt.
Unter den Teilnehmern ist auch das Deutsch-Holländische Team mit Uwe Herrmann, Erik Türlings und Tom Eller. Eigentlich ist Tom ja für den UTMB gemeldet, aber da noch kurzfristig ein Platz durch Krankheitsabsage in dem Team freigeworden ist, hat er sich schnell umgemeldet und steht jetzt zum PTL bereit. Das Team ist zuversichtlich und bei bester Laune. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es noch: Die Online-Wetterdienste melden noch gutes Wetter, der Veranstalter spricht beim Briefing aber von Schnee. Wir werden erfahren, wer recht behalten hat.
22:00 Uhr
Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt. Musik läuft, die Zuschauer klatschen und singen mit wie auf einem Rock-Konzert. Unglaublich, ich bekomme schon beim Zuschauen eine Gänsehaut. Es gibt keinen Platz, um noch weiter nach vorne an das Absperrgeländer zu gelangen und das geht über viele hundert Meter so, bis irgendwo am Ende von Chamonix. Ich hab so etwas wirklich noch nicht erlebt. Was ist hier erst los, wenn am Freitag das Hauptrennen, der UTMB gestartet wird?
Pünktlich werden sie losgelassen, durch einen Orkan von Zuschauerjubel. 91 Teams werden auf ihre lange Abenteuerreise geschickt. Mit 288 Kilometern und ca. 24.000 positiven Höhenmeter haben sie die längste Distanz aller vier Bewerbe zu bewältigen. Für sie ist es aber kein wirklicher Wettkampf, da er nicht mit einer offiziellen Rangliste beendet wird.
Der PTL unterscheidet sich völlig von den drei anderen Bewerben und hat eine ganz eigene Regelung. Die Strecke ist komplett unmarkiert und muss bei vollkommender Autonomie zurückgelegt werden. Das bedeutet, jegliche Unterstützung von außen ist nicht erlaubt. Außer an drei vom Veranstalter eingerichteten Rastplätzen, wo die Teilnehmer Unterkunft und Verpflegung vorfinden. Um sicher durch das Gebirge zu kommen, müssen alle die Orientierungstechnik mittels GPS beherrschen, müssen erfahren sein im Lesen von Karten und in der Anwendung von Kompass und Höhenmesser.
Die 6. Ausgabe des PTL weist auch die 6. Streckenführung auf. Jedes Jahr wird die Strecke neu festgelegt. Heuer sind bevorzugt die Massive der Aravis und des Beaufortain im Programm. Dabei sind zahlreiche Pässe zu überschreiten und Gipfelregionen zwischen 2500 und 3000 m Höhe zu überqueren. Zur Pflichtausrüstung pro Mannschaft zählen u.a. ein GPS Gerät, auf dem der vom Veranstalter erstellte Streckenverlauf registriert ist, ein Biwakzelt oder anderer Überlebensschutz, auf alle Fälle wasserdicht und groß genug, damit alle Mannschaftsmitglieder im Fall von schlechtem Wetter darunter Schutz finden können.