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31.08.13 - Ultra Trail du Mont Blanc (UTMB)

Das Deutsche Haus in Chamonix


La Flégère, km 93 – Zeitlimit 25:00 Stunden


Als ich das Zelt verlasse, ist es fast hell, innerhalb ein paar Minuten ist die Nacht gewichen. Aber auch meine Müdigkeit. Noch ein Berg muss bezwungen werden, knapp am Zeitlimit. Ich stehe jetzt unter Hochspannung. Meine Weste wartet im Ziel in Chamonix. Die ersten 4 km bis zum Col de Montets sind nur mäßig steigend, man kommt gut voran. Es geht an der L’Eau Noire entlang. Stopp, ich muss anhalten, laufe im Tageslicht ausschließlich mit meiner Sonnenbrille, mit ihr fühle ich mich am wohlsten.

Nach Überqueren der Autostraße beginnt der letzte strenge Anstieg über den Tête Aux Vents nach La Flégère. Es bleibt uns nichts erspart, es ist einer der steilsten Abschnitte des kompletten Kurses über Steine und Felsen. Dazu ist der schmale Pfad um diese Zeit stark frequentiert, viele Wanderer und auch Gleitschirmflieger sind bereits unterwegs. Aber es ist auch ein Aufstieg der sich lohnt. Noch unterhalb des höchsten Punktes erhebt sich majestätisch der „weiße Berg“ in den strahlend blauen Himmel vor uns. Zum ersten Mal ist er für die Teilnehmer des CCC von diesem Streckenabschnitt aus zu sehen.

Mit 4.810 m Höhe ist der Mont Blanc der höchste Berg der Alpen. Sowohl Frankreich als auch Italien haben Anteil an dem Berg, wobei der Grenzverlauf seit langem umstritten ist. So beansprucht Frankreich die Gipfelregion des Mont Blanc für das französische Département Haute-Savoie. Hingegen wird von Italien die Auffassung vertreten, die Grenze verlaufe genau über den Gipfel. Somit wäre der Mont Blanc nach italienischer Sichtweise sowohl der höchste Berg Frankreichs als auch Italiens, aus französischer Sicht hingegen wäre der vorgelagerte Mont Blanc de Courmayeur (4.748 m) der höchste Gipfel Italiens. Mir ist egal wer ihn beansprucht, die Aussicht ist einfach überwältigend.

Um ein paar Minuten verpasse ich einen weiteren Höhepunkt. Tom läuft nur wenige Minuten vor mir und macht den Schnappschuss des Tages. Eine Steinbockherde quert unsere Laufstrecke. Aus etwa 10 Meter Entfernung kann er einen Bock mit seinem Handy ablichten. Danke für das Foto.

Um 9:15 Uhr stehe ich auf dem letzten der fünf Spitzen des CCC-Kurses. Auf dem steinigen Plateau ist bereits eine Menge los. Gleitschirmflieger nützen diesen Ort um von hier zu starten. Unsere Startnummern werden wieder gescannt. Mir passiert hier ein folgenschwerer Irrtum, ich habe mir die Karte nicht genau eingeprägt. Ein Franzose spricht von La Flégère. Damit hätte ich für die restlichen 8 km Abstieg noch gemütliche 2:45 Std. Zeit. Bei einem Gesamt-Zeitlimit von 26 Stunden. Easy going.

Von einer übermäßigen Abwärtstendenz ist aber auf dem nachfolgenden Abschnitt noch nichts zu spüren und auch nicht vorausschauend zu erkennen. Im Gegenteil, die Passage über Felsen und schwierige Trails lässt Laufen nur bedingt zu und ich bleibe immer wieder für Fotos stehen und genieße dieses sagenhafte Panorama. Die Temperaturen steigen schnell, ich habe noch immer meine lange Hose und Regenjacke an. Damit möchte ich ungern den letzten Abschnitt bei jetzt schon bestimmt 20 Grad in Angriff nehmen. Ohne Hast entledige ich mich meiner Jacke und streife mir mein nasses Kurzarmshirt über. Widerlich, auch über den Pulli, den Hosenwechsel erspare ich mir.

In der Ferne ist ein Zelt und die Liftstation von Les Praz herauf zu sehen. Am Zelteingang wird gescannt? Wir sind jetzt erst in La Flégère? Verdammt, ich habe Tête Aux Vents mit La Flégère verwechselt. Die Seilbahnstation heißt so, hätte ich wissen müssen, wir waren erst am Dienstag hier oben. Beim Läufer vor mir kontrolliert der Ordner bereits die Liste mit den berechneten Durchgangszeiten, womit man noch innerhalb des Cuts bleibt. Bei mir klingeln sämtliche Alarmglocken. Hey Leute, ich lasse mir meine Weste nicht mehr entreißen. 9:51 Uhr, ich darf noch durch. Zeitlimit 10:00 Uhr. Ok, ich war 2. Startreihe. 1:20 Std. sind vom Veranstalter für den Schlussabschnitt bis ins Ziel berechnet. Das wird eng.

 
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La Flégère – Chamonix


Einen Becher Cola im Laufschritt wie beim Straßenmarathon gönne ich mir, steh‘ jetzt völlig unter Strom. Erst noch kurz bergauf zur Liftstation. Danach einige hundert Meter über eine Schotterstraße. Sie ist steil und unangenehm zu laufen, aber ich komme in Fahrt. Dann geht’s in den Wald. Hört sich gut an, ist aber grauenhaft. Wurzeln, Steine und Stolperfallen en masse. Und steil. Viele sind noch unterwegs, die Überholvorgänge gestalten sich schwierig. Scheinen alle noch jede Menge Zeit zu haben. Seht doch mal auf eure Uhren! Die rote Weste wartet auf mich.

Plötzlich Stau, einen Teilnehmer hat’s zerbröselt. Viele kümmern sich um ihn. Ich komme nicht vorbei, zu eng hier. Er steht wieder auf und kann weiter machen. Schwein gehabt, es geht weiter, der Stau löst sich auf. Die ganze Gruppe schnappe ich mir in einem Handstreich. Bin jetzt auf Hochtouren, es läuft super, vollgepumpt mit Adrenalin. Meine Stöcke bewahren mich wiederholt nur knapp vor Stürzen. Und immer wieder riskante Überholvorgänge auf engsten Raum. Mir doch wurscht, ob die jetzt denken, ich sei ein Irrer. Ich hole mir meine Finisherweste, ihr könnt hier rumtrödeln.

Nach einigen Kilometern endlich eine Kiesstraße, ich kann noch einen Zahn zulegen und es macht jetzt richtig Spaß, durch die Rinnsale zu brettern. Aber Chamonix liegt immer noch weit unter mir, es ist noch ein Stückchen. Meine GPS-Uhr steigt aus, die Kilometer werden nicht mehr weitergezählt, dabei bin ich doch im Dauerlauf. Mir ist aber bewusst, dass die Zeit jetzt locker reichen wird. Ich kann aber auch nicht mehr einen Gang runterschalten, bin so richtig im Flow.

Spaziergänger jubeln mir zu. Am Ortsrand beginnt die Teerstraße, es sind jetzt vielleicht noch maximal zwei Kilometer. Ich schwebe regelrecht durch die Straßen. Auch getragen von dem besonderen Spirit, den der Ultra-Trail du Mont-Blanc auf uns Trailer ausübt. Überall Anfeuerungen von den Menschen. Man honoriert auch die Leistungen von uns Nachzüglern.

Die Strecke führt ab Centre Sportif, Gymnasium und den Messeständen durch die belebtesten Zonen von Chamonix. Es ist mein persönlicher Triumphzug, nach dem ich über viele, viele Kilometer nicht im Entferntesten daran gedacht habe, dies hier erleben zu können. Nicht aufzugeben lohnt sich immer. Die Straßen sind voll, viele Zuschauer haben sich bereits eingefunden, vielleicht auch weil in etwa 2,5 Stunden bereits der Sieger des UTMB erwartet wird. Der Zieleinlauf in die Gerade vor dem Place Triangle de l‘Amitié ist das Schönste, was ich bisher bei meinen Trail-Abenteuern erleben durfte. Davon habe ich geträumt und von der roten Finisherweste. Jetzt ist sie mein!

25 Stunden und 39 Minuten war ich unterwegs, der Letzte wurde noch mit 27 Stunden in die Ergebnisliste aufgenommen. Hätte mir also doch etwas Zeit nehmen können für den Schlussabschnitt. Aber es war so geil!

 
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Das Deutsche Haus


Lange halte mich nicht im Zielbereich auf, ich benötige dringend eine Dusche und eine Mütze Schlaf. Und natürlich will ich auch wissen, wie meine Freunde aus dem Deutschen Haus abgeschnitten haben. Jan liegt bereits im Bett, die Finisherweste über sich. Super, ich freue mich. Über zwei Stunden war er schneller. Tom ist nur wenige Minuten vor mir ins Ziel gekommen, wir haben uns leider knapp verpasst. Pech hatte Bei, nachdem sie die drei Führenden des UTMB vor La Flégère überholten, wurde sie an der Cut-Off-Stelle nach über 93 Kilometern aus der Wertung genommen. So ist das Gesetz, kein CCCler darf mit der Spitze des UTMB ins Ziel laufen.

Währenddessen sind beim UTMB noch alle vier Starter des Deutschen Hauses im Rennen. Gebannt verfolgen wir im Tagesverlauf an unseren Laptops die Durchgangszeiten, die sofort live übermittelt werden. Axel ist der Schnellste des Hauses, schafft die 168,7 km noch ganz knapp unter sensationellen 30 Stunden, landet damit auf Gesamtplatz 115 und holt sich den 3. Platz in seiner Altersklassenwertung. 3,5 Stunden später kommt Gerald ins Ziel. Am Morgen treffen auch Tom und Marius wohlbehalten im Haus ein. Somit kann das Deutsche Haus, bis auf Bei, komplett in den tollen roten Westen zum Gruppenfoto antreten.

Die Idee zum Deutschen Haus hatte Thomas Bohne. Nachdem er hier schon öfters am Start war, wollte er einen zentralen Anlaufpunkt für die doch relativ wenigen vor Ort weilenden deutschen Teilnehmer schaffen. Ganz so, wie man es aus dem Fernsehen von den Olympischen Spielen kennt. So mietete er dieses wunderschöne alte Chalet von 1920 an und untervermietete die zur Verfügung stehenden Zimmer an uns weiter. Im Laufe der Woche kamen auch viele zu Besuch. Höhepunkt war eine Gratis-Pasta-Party am Donnerstag, bei der unsere Hütte aus allen Nähten platze. Judy, Jan und alle Mädels sorgten stundenlang für Nachschub. Viele gemeinsame Ausflüge ließen uns am Ende der Woche zu einer richtigen harmonischen Familie werden. Vielleicht auch beflügelt durch das gemeinsame Erlebnis, waren zum Abschluss auch fast alle erfolgreich, was den Aufenthalt noch schöner machte.

Danke an Thomas, Judy und alle anderen Mitbewohnern, die diese Woche für mich zu etwas ganz Besonderem machten. Ihr wart einfach spitze! Dazu kommt noch der unvergleichliche Spirit von Chamonix und dem Ultra-Trail du Mon-Blanc.

 
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Und hier gibt es noch eine Bildgalerie von Nicola Wahl, die den UTMB gefinisht hat. Danke und herzlichen Glückwunsch:

 

 
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Ergebnisse

 

CCC® - 100 km - 5950 D+
1909 participants 265 women.
1320 finishers, 161 women, 589 retirements

Men
1- Jordi Bes - ESP - 11:23:01
2- Sebastien Camus - FRA - 11:53:36
3- Daniel Garcia Gomez - ESP - 12:07:43
Women
1- Caroline Chaverot - FRA - 14:12:00
2- Mercedes Arcos Zafra - ESP - 14:21:15
3- Delphine Avenier - FRA - 14:45:06

UTMB® - 168 km - 9600 D+
2469 participants 223 women.
At Noon : 1212 finishers, 86 women, 780 retirements

Men
1- Xavier Thévenard - FRA - 20:34:57
2- Miguel Angel Heras Hernandez - ESP - 20:54:08
3- Javier Dominguez Ledo - ESP - 21:17:38
Women
1- Rory Bosio - USA - 22:37:26
2- Nuria Picas Albets - ESP - 24:32:20
3- Emma Roca Rodriguez - ESP - 24:48:14

TDSTM - 112 km - 7150D+
1525 participants 165 women
1020 finishers, 99 women, 505 retirements

Men
1- Arnaud Julia Bonmati - (ESP) - 15:09:59
2- Antoine Guillon - (FRA) - 15:21:26
3- Mattia Roncoroni - (ITA) - 15:31:20
Women
1- Nahtalie Mauclair - (FRA) - 17:36:41
2- Claire Price - (GB) - 18:09:23
3- Liza Borzani (ITA) - 19:07:14

 

Informationen: Ultra Trail du Mont Blanc (UTMB)
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