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31.08.18 - Ultra Trail du Mont Blanc (UTMB)

Die Trailer-Olympiade

Die Welt trifft sich immer Ende August in Chamonix -  jedenfalls die Läuferwelt - zum wohl begehrtesten Ultra-Traillauf der Welt, dem UTMB. 10.000 Läufer aus etwa 100 Ländern treffen sich zum Lauf rund um das gewaltige Massiv des Mont Blanc, 4809 m hoch, die Krone der Alpen. Durch das enorme Interesse ist das Losglück entscheidend für die Teilnahme. Genauso wie die berühmten ITRA-Punkte, eine Mindestzahl wird für jeden Lauf gefordert. Es sind nämlich 7 Strecken im Angebot, vom Mini-UTMB bis zum großen PTL.

Ich durfte am OCC teilnehmen. Nur 57 km, aber auch 3500 Höhenmeter. Immerhin, wie bei Olympia ist Dabeisein alles.  Nur finishen ist noch schöner. Unübertroffen ist der Zieleinlauf in Chamonix. Aber ich greife vor…

Die Teilnahme muss lange geplant werden. Spät im Jahr öffnet die Internetanmeldung, dann darf man sein Interesse an einem der Läufe bekunden; die notwendigen Punkte prüft die Orga anhand internationaler Listen. Da existiert ein Netzwerk, von dem man sonst nur wenig mitkriegt. Hier werden einem die Quali-Punkte gutgeschrieben, die man so übers Jahr erläuft. Im Dezember ist dann Schluss und Anfang Januar wird ausgelost. Nach Pariser Zeit (!) kommen dann die eMails raus. Dann heißt es planen, sich freinehmen, trainieren und bloß nicht verletzen, die Ausrüstung besorgen (je nach Lauf) und dann los.

 

 
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Stadtpläne erleichtern die Orientierung sehr. Alles ist auf ganz Chamonix verteilt, Anmeldung hier, Dusche dort, Schlafsaal woanders. Parken- tja, es ist voll. Es ist ja auch noch richtig Saison. Auf Satellitenbildern und nach intensiver Recherche findet man aber noch legale Parkplätze. Ein bisschen muss man halt suchen. Das Centre sportif, eine große, runde Halle, ist zentraler Anlaufpunkt. Hier gibt es die Startunterlagen. Und die größte Nervosität wegen der Ausrüstungskontrolle. Denn die ist sehr genau.

Als ich ankomme, ist die Warteschlange bereits sehr lang und prompt fängt es an zu regnen. Fast 45 min im Regen – ein guter Test für die Schutzjacken. In der Halle erstmal Ausweiskontrolle . Dann bekommt man einen Laufzettel und eine Schale. Dahinein legt man seine Opfergaben für die Götter der Prüfstelle. Diesmal sind Rucksack, Wassersack, das Handy und die wetterfeste Jacke gefragt. Die Götter sind zufrieden, dann erhält man die Startnummer, ein Armband, einen Tracker an den Rucksack und zum Schluss das Shirt. Wer noch Transport braucht, kann noch nachbuchen. Kleiner Tipp: Das Prozedere kann man auch an den Startorten erledigen, es ist dort wesentlich entspannter. Nur: wenn doch was fehlt, kann man es hier in der Stadt oder am Salon Ultra-Trail ganz leicht nachkaufen.

Eine Überraschung in 2018: keine Schüsseln und Bestecke an den Labestellen mit warmem Essen mehr. Das muss man nun im Gepäck haben. Und natürlich kriegt man das auf der Messe… honi soit qui mal y pense. Nicht vergessen: in Chamonix- Zentrum gucken und Leckerlis einkaufen, französische Köstlichkeiten, wie man sie nur hier bekommt. Tipp hier: Früchtebrot und diese speziellen Würstchen. Hmmmm.

Sehr früh (um 5 Uhr), fast noch in der Nacht, fahren die Busse los. Weit über eine Stunde dauert die Fahrt nach Orsieres in der Schweiz. Kaum ist ein Bus voll, geht’s auch schon los. Tipp hier: früh fahren, denn dann sind die Schlangen vor dem Dixi noch nicht so lang. Kaffee und Brot servieren uns die freundlichen Schweizer. In dem Gewühl von über 1500 Leuten begegnet mir Riccardo (vom T88), der seine Tochter zum Start bringt; er tritt später zum großen UTMB an. Und noch ein Kontakt entsteht zu Raffaele, gestern haben wir zusammen in der Warteschlange gestanden. Wir werden das gemeinsam anpacken. Nur ruhig.

 

 
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Die Ruhe ist schlagartig vorbei, als der Startschuss fällt und der bunte Lindwurm lostrabt. Ganz toll: die Kinder stehen schulklassenweise an der Strecke und lassen sich abklatschen. Dann verschwinden wir im Wald. Kaum außer Sicht, wird gewandert. Schon die ersten Anstiege sind mörderisch. Und es ist eng. Stockspitzen, Ellbogen, Gerempel. Überholer, die nach zwei Metern aufgeben. Downhill wird es wieder sehr schön, dafür sind mal wieder alle Höhenmeter futsch. Zwei kleine Dörfchen, mit Fahnen bunt herausgeputzt und mit jubelnden, kuhglockenschwenkenden  Einwohnern queren wir, um dann in den Berg einzusteigen. Es ist schon steil, aber es geht noch steiler. Und enger. Einspurig, das wollen manche nicht wahrhaben. Drängeln, treten und beißen. Manch ein Schimpfwort fällt. Auf Spanisch ist das enorm eindrucksvoll, aber die anderen Sprachen haben auch eine Menge zu bieten…

In Champex am See ist erste Zeitnahme, zu trinken gibt’s und am schönen See entlang geht es weiter. Bis Plan de`l Au kann man tatsächlich laufen. Erst der Aufstieg zum Bovine macht dem ein Ende. Steil und verblockt war das hier mal. Steil ist es immer noch, aber der Weg wurde deutlich entschärft, dennoch ist die Querung von Bächen riskant. Einmal dürfen wir sogar etwas bergab laufen. Trotzdem sind etwa 700 hm zu bewältigen. Oben an einer Stallanlage vorbei, dann noch etwas höher. An einem Gatter ist Schluss, dann zügig runter nach La Giete. Verblockt nochamal. Kruzifix. Ordentlich aufpassen, wo man hintritt. Fallen gibt’s genug.

 

 
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In einem stinkenden Stall kann man sich an Wasser laben, man kann aber auch flott weiterlaufen. So kriegt man die Leute auf die Strecke zurück. Zum Forclaz-Paß ist es nicht weit  und der Weg ist auch besser. Es reicht für ein gleichmäßiges Laufen. Immer wieder tun sich schöne Ausblicke auf. Am Pass scharf links und auf breitem Weg weiter. Eine Lawine hat den Weg zerstört, ein Behelfspfad führt oben vorbei; die Straßenquerung erfolgt über eine Brücke extra für uns. Nach Trient schrauben sich dann steile Serpentinen durch den Hochwald runter.

Vollversorgung im Ort – so der Plan. Nur die Cola ist alle. Was das heißt, ist klar. Und dann die Cutoffzeit. Meine Reserve ist gering, also weiter. 840 hm folgen. Nicht ganz der originale  Weg, da sind Holzarbeiten im Gang. Für uns heißt das atemberaubend steile, kurze Serpentinen hoch, es gibt kein Flachstück. Les Tseppes ist mal wieder etwas mit Zeitnahme, ein ermutigendes Schild weist auf weitere 100 hm hin. Aber die sind okay, man kann teilweise sogar laufen. Links liegt Catogne, ein Grenzberg. Der bleibt da auch, wir müssen nicht hoch, sondern runter, nach Vallorcine ins Tal. Ins Tal, wo auch Chamonix liegt, nur noch weiter links, außer Sicht. Aber der Blick in die Runde ist genauso atemberaubend wie es der Aufstieg war. Überall 3-4000er, darunter diverse Aiguilles, enorm und gewaltig. Ich möchte mich setzen und gucken. Eigentlich. Aber da ist die verflixte cutoff-Frist…

Ein prima Trail bringt uns in die Tiefe, bis zu einem Skilift. Da folgen wir einem breiten Zuweg, bevor wir auf Trails in den Ort laufen. Am Fluss entlang, einmal hin- und herüber, ins Zelt, zur Cola. Die gibt’s noch und die Welt ist wieder in Ordnung. Und auch die cutoff-Frist ist auf einmal wieder in angenehme Ferne gerückt… Pause kann man im Zelt machen oder auf der Strecke. Die ist nun flach und, kaum zu glauben, auch laufbar. Ein kleiner Pass noch, der Col de Montets, 200m  höher gelegen, dann nach Argentiere runter. So jedenfalls das Höhenprofil. Man freut sich.

 

 
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Tja, dann geht es im Ort Montroc unerwartet doch wieder aufwärts. Und danach auch noch. Schöne Strecke, aber nervtötend endlos. Und wenn man glaubt, man hats geschafft, kommt wieder eine Steigung. Dann aber die letzte. Steile Serpentinen, mit Blöcken dazwischen, dann Asphalt im Ort  und ein herzliches Willkommen im Zelt. Wir haben uns gefunden. Wir – das sind die gemächlichen,  immer dieselben. Mal überholt der eine, mal der andere. Wäre nur nicht das babylonische Sprachengewirr. An meinem Kantonesisch muss ich jedenfalls noch viel arbeiten, das Japanisch geht besser. Spanische Flüche kann ich jetzt auch, das rollende R gelingt mir aber noch nicht so eindrucksvoll. Reisen bildet halt.

Mittlerweile ist es früh am Abend, aber noch hell genug für den finalen Anstieg nach Le Flegere. Mal wieder so 700 hm auf 3 km, aber gemächlich ansteigend,  keine Quälerei. Steine, große und kleine, bilden Stufen, dazwischen ist oft genug glatter Waldboden. Richtig angenehm. Ernst wird es erst weiter oben. Die Steigung zieht an, dann ein Sessellift, auf blauer Piste dann zum Gipfel. Nebel zieht auf und bringt Kälte mit. 100 m Sichtweite und einstellig kalt. Man serviert uns heiße Suppe mit Nudeln. Das war so zwar nicht angekündigt, tut aber enorm gut. Hier kann man Schüssel und Besteck brauchen. Also, merket auf – nehmt hier ruhig mehr Zeugs mit, als vorgeschrieben.

Stirnlampen raus, denn der finale Abstieg, noch 7-8 km, findet im finsteren Wald statt und auf schwierigem Trail. Steine, eng gepackt, erfordern richtige Konzentration. Die Markierungsbändel leuchten auch im Nebel, verlaufen geht nicht.

Eine wunderschöne Hütte, La Floria, mit tollem Blick über Chamonix und die Berge, (ein Geheimtipp fürs Wandern, mit Restauration), bedeutet das Ende der Probleme. Es gibt einen Fahrweg, auf dem der Wirt Nachschub heranfährt. Man kann nun Gas geben. Von links unten tönt laute Musik herauf. Das kommt aus Les Praz, einem Vorort,  und hat nichts mit dem Trubel am Ziel zu tun. Darauf steuern wir jetzt aber geradeaus zu. Noch ein paar Kurven, ein, zwei Bäche, am Wasser- oder E-Werk vorbei. Hart schrammen wir über ein Stück Asphalt, dann noch ein wurzeliger Trail von 50 m. Aufpassen! Unten müssen wir über eine Straße. Links und rechts gucken ist aber nicht nötig. Es gibt auch keinen Posten, sondern eine 5m hohe Brücke.  Also hoch und  drüben runter zum Fluss. Links das bekannte Centre sportif, also nur noch geradeaus über die Promenade, am Messegelände längs. Und wieder so eine Hochbrücke, wieder 5m hoch.

Aber dann beginnt der Zieleinlauf.  Und was für einer. Es ist zwar stockfinster, aber Chamonix strahlt hell, die Leute sind auf den Beinen und stehen dicht an dicht entlang der Absperrung. Ich klatsche sie ab, das bringt die Stimmung zum Kochen. Wahnsinn! Links-rechts-rechts, zum Ziel. Lautes Trommeln begleitet mich, steigert sich zum Inferno, als ich zum Schlussspurt ansetze. Das bringt‘s voll. Mann, was für ein Ziel!

Naja, es gibt keine Medaille, aber die schicke Weste, dieses Jahr in dunkelblau, ist viel besser. Eine Trophäe, wertvoll wie eine Olympia-Medaille. Auf die bin ich so richtig stolz. Was für ein Tag!

 

Fazit

Knallhart. Anstrengend. Mögen das die Deutschen nicht? Im Länderspiegel liegen wir auf Platz 13. Da geht doch noch was. Traut euch. Mit dem OCC lernt man den Betrieb hier ganz gut kennen und wird nicht zu sehr überfordert. Die langen Kanten haben noch viel mehr hochalpine Bergwelt zu bieten! Diverse Berichte hier auf Trailrunning.de  machen jedenfalls Lust auf mehr. Sprachlich geht alles ganz easy, wir Läufer verstehen uns eigentlich immer auf Anhieb.

 

Informationen: Ultra Trail du Mont Blanc (UTMB)
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