Bunt bemalte und kostümierte Trommler unterhalten die Menschen, der Sprecher heizt die Stimmung an. Alles schaut nur in eine Richtung, dorthin von wo die Trailer kommen müssen. Dabei dauert es noch ein halbe Stunde. Es ist kaum zum Aushalten. „Nie mehr“, sage ich mir, „nie mehr – nur noch als Teilnehmer“.
Chamonix - Start UTMB
Als das Startsignal ertönt, jubelt die ganze Stadt. Die Vorderen rennen davon, nach ein paar hundert Läufern stockt das Ganze. Die Trailer marschieren durch die Menschenmenge, lassen sich beklatschen, berühren, umarmen. Es ist der Wahnsinn. Man braucht diese Eindrücke, anders kann man es nicht schaffen. Die Trailer werden in kalter Nacht, bei stechenden Schmerzen und plagenden Zweifeln erneut auf solche begeisterten Menschen treffen, sich motivieren lassen, Kraft schöpfen und weiter laufen.
In Les Houches und St. Gervais geht es zu wie bei einem Citymarathon, auch in den kleinsten Orten, Höfen und Hütten sind die ganze Nacht über die Menschen an der Straße. Keiner schläft.
St. Gervais - Les Contamines
Auch ich nicht – oder sagen wir es mal so: ich wache dauernd auf und kann dann schlecht wieder einschlafen. Das Hotel Alpina liegt genau gegenüber dem Messeplatz und dort führt auch die Strecke vorbei. Es ist der letzte Kilometer für die CCC-Trailer. Die ganze Nacht wird geklatscht. Manchmal stehe ich auf, gehe auf den Balkon und schaue mir die glücklichen Läufer an. Noch 1000 m …
Courmayeur
Am Samstag bin ich in Courmayeur. Die Trailer kommen vom Pass Chercrouit mit dem Maison Vieille und haben weiche Knie. 9 Kilometer sind es von dort hier her nach Dolonne – und 1200 Höhenmeter. Brutal. Aber die Zuschauer muntern sie auf. Knapp die Hälfte ist geschafft. Im Sportzentrum gibt es alles, was sie jetzt brauchen: Ersatzklamotten, Massagen, Ruheliegen, Duschen und natürlich Essen und Trinken. Die meisten haben Zeit, wollen sich etwas erholen. Norman kommt gerade an, dann Bernie. „Ich schaffe es“, höre ich ihn sagen. Es klingt entschlossen und überzeugt. Ich drücke die Daumen. Aber das Schlimmste kommt noch: der Bovine und die zweite Nacht. Jetzt nicht daran denken. Immer nur an den nächsten Schritt.
Col de Montets
Ein paar Stunden später ganz andere Eindrücke. Ich bin am Col des Montets, von wo aus es auf den letzten Berg, den Tete aux Vents (2130 m) geht. Ein Berg, der jeden Bergmarathon adeln würde. 700 Höhenmeter sind es noch von der Passstraße, die heute rechts und links total zugeparkt ist. Aber nicht das Gelbe Trikot der Tour de France wird erwartet, sondern ein einsamer Läufer: Killian Jornet. Der 23jährige Spanier schickt sich an, wie im letzten Jahr, wo er den 58jährigen Marco Olmo ablöste, den UTMB zu gewinnen.