Dies ist kein Geheimtipp (mehr) – es ist ein ganz heißer Tipp: Für mich das deutlich schönste Rennen des Jahres und ich kann allen, die Trailrunning lieben, empfehlen, unbedingt einmal am Ultratrail du Müllerthal (UTML) Luxemburg teilzunehmen. Ich bin mir sicher, niemand wird enttäuscht sein.
Nachdem ich dieses Jahr schon dreimal in den Ardennen unterwegs war, gab es für das nahende Ende der Saison eigentlich nur eine Wahl – wieder in die Ardennen. Man findet dort wirklich fast jedes Wochenende im Jahr einen interessanten Lauf dort, quasi in jedem Dorf und mit umfangreichem Streckenangebot.
Um etwas zu variieren, habe ich mich dann doch nach Süden bis Luxemburg orientiert und bin auf den sehr interessant wirkenden Leopard Ultratrail Mullerthal (UTML) gestoßen.
Die Informationen klangen großartig und das Paket für die 35 km Strecke hätte entspannter nicht sein können: Zusendung der Startnummer per Post, Start am Samstag erst um 11 und damit eine gemütliche Anfahrt am Morgen. Zusätzlich gab es eine klare Empfehlung aus dem Laufbericht von Frank Albrecht von 2021, dass diese Strecke den schönsten Teil durch die Schluchten des Mullerthals abdeckt. Daher hat sich wohl auch die größte Gruppe von 400 Läufern für diese Distanz angemeldet.
Die Startgebühr liegt bei 37 Euro, mit erstaunlich vielen „Extras“: Sehr schöne Medaille, Finisher Shirt, Schlauchtuch, ein Paket luxemburgische Spagetti, Bratwurst nach dem Rennen und anständige Verpflegung währenddessen. Nur vom Sponsor, Leopard Drinks, gibt es nicht einmal ein Probegetränk, wobei ich Energiedrinks ohnehin nicht mag. Eine Dusche war auch vorhanden, obwohl in der Ausschreibung explizit anderes stand. ITRA Punkte gibt es auch, für die 35 km allerdings nur einen.
Der Trail ist technisch eher anspruchsvoll weil felsig mit schmalen Durchgängen. Dafür hat man aber „nur“ 1.100 Höhenmetern zu bewältigen. Wenn man das alles nicht braucht und gerne alleine läuft, kann man sich den Trail auch schlicht gratis als GPX runterladen und irgendwann einen ganz persönlichen Trailrun genießen.
Alternativ hätte es auch 111 km (Start um 22 Uhr am Vortag oder um Mitternacht, 125 Anmeldungen, 68 Angekommene) oder 75 km (Start um 3 Uhr morgens, 132 Anmeldungen, 104 Angekommene) gegeben, oder auch 21 km (228 Läufer). Auf den beiden kürzeren Strecken kann man auch wandern statt laufen, so üppig ist Zeitlimit. Nur einige Wenige haben diese Variante gewählt.
Zusätzlich für den Nachwuchs gibt es einen Lauf für Kinder mit immerhin 50 Teilnehmern und einen großartigen Spielplatz. Also ist für die ganze Familie etwas dabei, wobei ich mitreisenden Nichtläufern eine kleine Wanderung entlang des Trails empfehlen würde. Großartig!
Die Organisation der Veranstaltung ist sehr gut. Die Startnummer kommt zwei Wochen vor dem Lauf pünktlich mit der Post, die E-Mail mit den letzten Informationen drei Tage vor dem Lauf, dreisprachig auf Englisch, Deutsch und Französisch. Dabei irritiert mich nur, dass man eine Stirnlampe mitbringen soll, ein Handylicht würde aber auch reichen. So lange wollte ich eigentlich nicht unterwegs sein.
Samstag früh, blauer Himmel, angekündigte 30°, was für einen Straßenlauf sicher nicht toll ist. Aber hier geht es ja durch die Schluchten des Müllerthals, so dass es 90% der Zeit angenehm schattig und kühl ist. Die Sonnenkappe, die ich mir kurzfristig noch angeschafft hatte, war also gar nicht nötig, hat aber auch nicht geschadet. Zusätzlich hatte ich mir noch neue Schuhe besorgt, mit etwas mehr Profil und einer steiferen Sohle, was wegen der vielen Steine und Felsen eine gute Wahl war.
Pünktlich um 11 geht es los. Start ist in Heringer Millen, eine Ansammlung von Häusern mitten im Tal, wo es genug Parkplätze gibt, explizit auch für Wohnmobile. Dort kann man übrigens sehen, wie international das Rennen ist, eine bunte Mischung aus Luxemburgern, Belgiern, Franzosen, Deutschen, Holländern und einigen Exoten.
Die Stimmung vor Ort ist klasse. Die schnellsten der 75-km-Läufer sind schon eingetroffen und es wird sogleich die Siegerehrung durchgeführt. Als Preise gibt es diesmal kein Bier, sondern Küchenbretter, Wein und große Präsentkörbe mit lokalen und internationalen Köstlichkeiten. Sehr beeindruckend, da gewinnt man sicher gerne. Nach meinen Zieleinlauf war übrigens auch gerade die Siegerehrung des 21 km Laufs, es wurde also immer zeitnah gefeiert, jeweils Herren und Damen gesondert.
Von den längeren Läufen kommt ab und zu jemand durchs Ziel gelaufen, was groß angekündigt und auch laut beklatscht wird. Als wir uns an der Startlinie aufstellen und eine schmale Gasse für die Ankommenden lassen, werden zwei Glückliche von allen 400 Läufern beklatscht, sicher ein toller Empfang. Der Start selbst findet in drei Wellen statt, so dass man sich rasch verteilt und bis auf einige natürliche Engpässe eigentlich nie Schlange stehen muss und auch immer ganz vernünftig überholen kann. Die Verpflegungsposten liegen etwa bei 8, 13 und 21 km, man muss nur auf dem letzten Drittel etwas auf volle Wasserflaschen achten.
Schon nach wenigen Minuten ist man aus dem Ort im Müllerthal, welches sich dann ohne Unterbrechung über die ersten 7 km zieht. Der Trail entspricht dem lokalen Wanderweg, so dass wir nicht ganz alleine sind, einige Wanderer und ein paar wenige Mountainbiker sind zeitgleich unterwegs. Man kommt gut miteinander aus, zumindest mitten im Feld wo ich laufe, da die Wanderer ja schon dutzenden anderer Läufer begegnet sind und dem entsprechend zur Seite gehen und auch noch anfeuern. Sehr nett.
Nach 7 km geht es kurz durch einen Ort, dann aber gleich wieder in den Wald. Bei km 12 ist man am Rande von Echternach und hat einen schönen Blick auf die schmücke Stadt. Generell ist man fast die ganze Strecke im Tal und damit auch im Wald, so dass die ganz wenigen Unterbrechungen, wo man über Felder oder eine Straße muss, gar nicht ins Gewicht fallen. Es gibt auch keine Wasserdurchquerungen, die Bäche sind aber aktuell ohnehin alle trocken. Die schöne Badestelle kurz vor dem Ziel konnte man leider nicht wirklich nutzen, da man ja ankommen will.
Jede Laufstrecke hat ihre Highlights, die Strecke durchs Mullerthal ist jedoch ein einziges Highlight. Hier sagen die Bilder wirklich mehr als tausend Worte. Sandsteinfelsen, senkrecht aufragend, links, rechts oder beidseitig, Überhänge, Durchbrüche und schließlich, bei km 28 zwei echte Höhlen durch den Fels. Richtig, dort braucht man dann tatsächlich das Licht seines Handies. Anders wäre es wirklich schwierig. Es ist teilweise so eng, dass man am Vordermann nicht vorbeischauen und von seiner Beleuchtung profitieren kann. Ich kenne Menschen, die hier nicht durchpassen würden.
Die Höhenmeter sind weitgehend gleichmäßig verteilt, der längste Steigung nicht mehr als 5 oder 6 Minuten lang. Die Anstiege werden oft auf Felstreppen oder Holzstufen bewältigt, was bei Trockenheit recht angenehm ist. Nur bei den Abstiegen muss man aufpassen, dass man nicht ins Rutschen kommt. Auch die flachen Stellen sind recht felsig, man muss die Füße schon anheben, um nicht zu fallen.
Neben den Ausgaben für Mütze und Schuhe hatte ich vor dem Rennen auch erstmalig in eine Laktatmessung investiert. Resultat: Gute Ausdauer aber recht niedrige Laktatschwelle. Neben ausreichend Wasser und Gels habe ich daher bei diesem Lauf peinlichst darauf geachtet, ab Puls 140 langsamer zu werden. Das hat zu 100% funktioniert, so dass sich auch diese Investition gelohnt hat. Ich hatte weder Schmerzen noch Krämpfe und übermäßig erschöpft war ich nach dem Lauf auch nicht. Ein Genusslauf also, reine Freude. Und viel langsamer als sonst war ich auch nicht. Der Gewinner hat übrigens 2:42 h gebraucht, der Letzte 8:38 h. Beide und alle dazwischen erlebten einen perfekten Tag.
11.09.21 | Leoparden in Luxemburg |
Frank Albrecht |