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30.03.14 - UrbanTrail de Luxembourg

Les Traces de Vauban: Auf den Spuren von Vauban

Autor: Joe Kelbel

Die Geele Fra ist nicht die scharfe Alte vom Festungsbauer Vauban, es ist die Goldene Frau, die auf dem Obelisken stehend an die gefallenen Soldaten erinnert. Sie steht für Frieden, den Sieg und für die Nation Luxemburg und hält den goldenen Lorbeerkranz über das Startgelände des DKV Urban Trail.

Vom Balkon des Grand Hotel Cravat  hat man einen herrlichen Blick hinüber zur Geelen Frau und zum Turm der Sparkasse.  Im Grand Hotel Cravat  findet man den ältesten Aufzug Luxemburgs: Ein Liebhaberstück von 1900 mit Messing-Fayencen, Edelholz  und Glas. Ein  wenig mulmig fühlt man sich in dem goldenen Käfug schon, vor allem wenn man weiss, wie tief der Untergrund Luxemburgs ist.

Graf Siegfried errrichtete 963 auf dem Bockfelsen die Burg mit gewaltigen Ringmauern, die die Burgunder nicht hindern konnten, die Stadt einzunehmen. Spanier, Franzosen, Österreicher, der Deutsche Bund, die Preussen, diese fremden Herrscher  schufen eine der stärksten Festungen der Welt.

Ludwig XIV., der Sonnyboy, hatte einen genialen Architekten: Sebanstian Le Prestre  (der Priester) de Vauban. In 56 Dienstjahren hat er  160 Festungen für die enceinte de fer, den eisernen Gürtel für die Aussengrenzen Frankreichs gebaut. Er drückte der  Festung  Luxemburg den finalen Stempel auf: 23 km unterirdische Galerien.

Der Trail Trace de Vauban führt uns durch die Kasematten („Erdschlund“), Bastionen, Flanken, Kurtinen, Rondengänge, Glacis, Ravelins, Grabenscheren, Contregarden, Tennaillons, Banketts, Traversen, Schulterwehre, Lünetten, Kavalliere, Kronwerke, Escarpe, Flesche, Brücken, Enveloppen, Pulvermagazine, Batterien und Geschützbänke.

636 Treppenstufen, 13 km. Klar habe ich getönt, niemals Unterdistanzen zu laufen. Außerdem  habe noch weitere 3 Monate Laufverbot. Aber diesen geelen Trail will ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.

 
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Auf der Suche nach Kalorien treffe ich in Luxemburg Stadt sogleich Birgit und Norbert. Der Anblick einer  Frau namens Lea Linster lässt Birgit fast ausflippen. So, als sei diese Frau  Bill Kaulitz. Zwei Euro kostet eines der winzigen Madelaines, welche die Luxusköchin hier anbietet.

Das Grand Hotel Cravat ist wie gesagt direkt am Startplatz, sodass ich um 10 Uhr den  Start der 56 km-Läufer  und um 12 den der 27 km-Läufer miterleben kann. Bißchen wehmütig bin ich schon, letzes Jahr  hatte ich so viel Spass auf der langen  Strecke.

700 Läufer mehr als letztes Jahr, insgesamt 2500 laufen die unterschiedlichen Strecken. Die 13 km sind das Herzstück dieses Erlebnislaufes, die nehme ich drei Stunden nach dem Start des 56ers in Angriff.

 
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Vom Start geht es durch die Fussgängerzone Luxemburgs, bei km 1 vorbei am Palast des Großherzogs (Gran Ducal), über den Krautmarkt (Gewürzmarkt) mit  dem Hotel des Chambre (dem Parlament). Bei km 2 grandioser Blick hinab ins Tal der Petruss und hinüber zum Bockfelsen, dann geht’s hinunter zum Fluss, vorbei am Staatsarchiv. Treppen, die meinen extrem abgemagerten Unterschenkeln Probleme bereiten, dann auf der  Stadtmauer entlang, Wendeltreppen hinab und Eisengestelle hinauf. Es ist ein wunderbares Trailgebiet, auf kleinem Raum. Über uns die steinerne Eisenbahnbrücke, unter uns kleine Irrgärten mit Torbögen, Türmchen und verwinkelten Gassen.

Unter der  Schlassbreck (Schlossbrücke) wohnt ein grausamer Geist, den man Sterchesgescht nennt  („Sternchengeist“, nach der Schleuse, die man Sternchen nannte). Meistens begegneten  Männer diesem grausigen Wesen am Wochenende,  fanden daraufhin nicht mehr den Weg hinauf in die Oberstadt, weswegen sie es am nächsten Morgen  nicht rechtzeitig zur Kirche  schafften.

 
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Km 2,5 entlang der Alzette, über uns der Bockfelsen.  Wir sind im Stadtteil Grund, einem urigen Nightliveviertel. Wer es aus den Kneipen nicht mehr in die Oberstadt schafft, der kann heutzutage  den Lift benutzen. Doch auch dort wohnt der Sterchesgescht. Links das Fort Rumigny. 218 Stufen hinauf.

Km 4 Plateau de Rham mit den Batterien, welches hoch über einer Schleife der Alzett gebaut  ist. Auch hier gibt es eine grausige Geschichte: Ein Mann wurde von seiner Frau beauftragt,  Wasser aus der Alzette zu holen.  Da  greift ihn aus dem Wasser heraus der lange dürre Arm des Sterchesgescht  und setzt den armen Mann auf einen Felsen mitten im Wasser. Der arme Kerl musste am nächsten Morgen mit großem Aufwand von dem Felsen geborgen werden.

Viele der alten Häuser hier in Luxemburg haben noch unterirdische Zugänge zu den Kasematten und es gibt viele Geschichten von verschwundenen Kindern. Jolly aus Luxemburg erzählt mir glaubhaft von einem Haus in Preizerdaul, man nennt es Hingerhaff. Sie seien mal nach einer Fete spasseshalber dort hineingegangen, hätten Kinderschreie gehört  und Blut gesehen. Als sie zurück zum Auto kamen, war dieses voller Staub und man sah darauf  Handabdrücke von Kindern.

71 Sufen hinab, 55 hoch, 24 runter, 25 hoch - Km 5,  Teilung der Laufstrecken. 109 Stufen  hoch. Brücke, dann durch die Neumünster Abtei.  Die alte Abtei Altmünster wurde durch Vauban zerstört, die Benediktiner bauten daraufhin Neumünster hier unten im Tal, (im Grund). Doch 120 Jahre später enteignete Napoleon den Kirchenbesitz, nun ist die Abtei ein Kulturzentrum.

 
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Nach der Überquerung der Brücke folgt der Treppenaufstieg  zum Bockfelsen. Die Bockkasematten, angelegt vom Habsburger Karl VI und Maria Theresia, boten 40 Meter tief Schutz für Tausende von Soldaten samt Ausrüstung und Pferden, für Metzger, Bäcker, Köche, Handwerker und,  so isses, auch für die wichtigen  Konkubinen. 35.000 Menschen wohnten hier  unten, da ging was!

Ich gehe auch weiter, muss über diese witzige Fussgängerbrücke, die eigens für uns gebaut wurde, und wieder unter der grausigen Schlassbreck durch. Kurze Erholung, dann 125 Stufen hinab und dann hinauf zum  Fort Thüngen (Thüngen war der österreichische Festungsbauer). Von hier aus könnte man den 169 Meter langen unterirdischen Gang hinüber zum Fort Obergrünwald nehmen, aber wir laufen  zunächst  entlang des Congresszentrums, später durch das Fort.  Wer hier unter dem Fort stand, der hatte keine Chance, ein Pfeilregen hätte ihn niedergestreckt.

Km 8, Avenue de JF Kennedy. Es ist das neue Luxemburg,  hier wird für  die EU viel Geld verteilt. Durch die Anlage der Philaharmonie und  um das Museum für moderne Kunst, dann an den „drei Eicheln“ (die Türme ) von Fort Thüngen vorbei. Wir passieren Fort Niedergrünwald, von Vauban 1684 gebaut.

Km 9, Pulverdepot Fort Obergrünwald. Wie viele Leute wurden hier in die Löcher geworfen, weil  sie die Steuern nicht bezahlt hatten? So mancher Hoeneß ist hier elendig verreckt, weil er aus den Sandsteinlöchern nicht mehr raus kam.

La Pport de Fort  Obergrünwald,  Km 10 Pfaffental, Überquerung der Alzette. Passenderweise laufen wir jetzt durch die Gasse „ Beim Beinchen“, welches mir muskelkatermäßig ganz schön schmerzt. 

Nach Durchquerung  einer der mächtigen Vauban Türme sind wir am  Port d Eich. Jetzt geht es hinein in den Aquatunnel, der nur für diesen Lauf geöffnet wird.  60 Meter über uns befinden sich das Fort Berlainmont und die  gesamte Innenstadt. Straßenschilder zeigen an, unter welchem der Boulevards wir uns gerade befinden. Der Autoverkehr ist deutlich hörbar, er ist beängstigend laut.

Etwa in der Mitte des Tunnels stürzt ein ohrenbetäubender Wasserfall in eine gurgelnde Erdspalte.  Da der Tunnel nicht öffentlich zugänglich ist, könnte man hier wunderbar eine Leiche in dieser Art Gletschermühle verschwinden lassen, sie käme wohl in Beggen ans Tageslicht. Lange verfolgt mich das heisere Gurgeln des Leichenwassers auf meinem einsamen Weg durch den Tunnel.

Geheimgänge führen hinauf in die Festungsanlagen, links führt einer unter den  Brunnen des Place d Armes (Paradeplatz). Wie ein ferner Stern so leuchtet ein winziger heller Punkt in 56 Meter Höhe über mir.  Ich hebe meine Nase und sauge die frische Luft ein, die herunterfällt.  Wehe, so ein Rotzbengel steht jetzt da oben und spuckt hier herunter!

 
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Der Tunnel war eine Fehlplanung (1961), er sollte als Abwassertunnel dienen. Jedoch nahmen die Politiker an, dass  in dieser Stadt  so wenig  Mist produziert würde, dass man ihn durch diesen shortcut schnell loswerden könnte. Tatsächlich war es aber so viel, dass der Tunnel nie seinem Zweck erfüllen konnte. Brüssel verhängte letztes Jahr eine Strafe von 2 Mio Euro gegen die Stadt, weil die Gülle der Stadt noch immer nicht EU-vorschriftsmäßig  entsorgt wird. Vom Ende des Tunnels übertönt passende Musik den oberirdischen Strassenlärm. Das hat was!

Treppen hoch und  Austritt im Tal der Petrusse, die in einem schmalen Kanal geführt wird. Dann die Treppen hinauf zur Geelen Frau. Von oben feuern mich die Zuschauer an, wissen nicht, dass ich ursprünglich Ultraläufer bin. Ich passe noch auf, dass ich mir nicht wie letztes Jahr hier wieder die Hand breche, dann bin ich im Ziel.

Es ist ein bewegendes Erlebnis, nach 6 Monaten Sofadasein wieder unter normalen Menschen zu sein. Ein wenig Selbstbewusssein kommt mit einer kleinen Träne wieder zurück. Für all die Normalen unter Euch: Lasst Euch diesen weltweit einmaligen Traumtrail nicht entgehen. Ihr habt 5 Std Zeitlimit für die 13 km! Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr wieder von den 56 km berichten darf.

 

Informationen: UrbanTrail de Luxembourg
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