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30.07.16 - Walser Trail Challenge

Nümmr-Springer in der schönsten Sackgasse der Alpen

Autor: Joe Kelbel

Das Kleinwalsertal hat mich schon immer fasziniert, vor allem die kleine Sparkasse am Ende des Tales in Baad, die aussieht wie ein Kiosk und dennoch drei Milliarden Euro verwaltet.

Mit 1000 Rheinischen Gulden kaufte der Habsburger Herzog 1453 dem schwäbischen Besitzer das nutzlose Tal ab. Der Habsburger war wegen einer Streitigkeit der Talbewohner in das Tal einmarschiert. Der Schwabe war happy, seine Ahnen hatten für das Tal bedeutend weniger bezahlt, denn die Kolonisten aus dem Schweizer Wallis konnten nur Kühe hüten, weswegen sie pro Jahr und Familie nur einen Laib Käse als Steuer zu zahlen hatten.

Können die Waliser jetzt mehr? Können sie Trail? Kann ich den meistern?

Ich habe mich für den Trail über 65 km und 4200 Höhenmetern angemeldet, weil das Tal so lieblich ist, und ich mal wieder meine Kontoauszüge bei der Kioskbank checken muss. Den Bericht von Kollege Günter aus dem Jahr 2015 hatte ich nicht gelesen. Ein Fehler, schließlich sind unsere Artikel authentisch und läufernah, und keine kommentierte Ergebnislisten.

Wer ist bekloppter,  das Kleinwalsertal, oder Deutschland? Ich sage Deutschland, denn das überweist jährlich, obwohl Österreich zur EU gehört, eine peinliche Steuer in das kleine Tal: Die Biersteuer! Die Idee kann nur aus Berlin kommen.

Tatsächlich wurde die Biersteuer im Zollanschlußvertrag von 1890 geregelt: Österreich hat ein Anrecht auf die in Deutschland erhobene Steuer auf Bier, das in Deutschland gebraut und im Kleinwalsertal getrunken wird. Für Schleswig Holstein (Flensburger) wurde die Summe veröffentlicht: 1100 Euro pro Jahr, dabei zogen die Österreicher schon 1866 nach ihrem Sieg über Dänemark aus Holstein ab. Und ich sage Euch eins: Ich habe nicht ein Flens im Kleinwalsertal getrunken, schon gar nicht an den Verpflegungsstationen. Doch zu wie vielen Verpflegungsstationen bin ich eigentlich gekommen?

 

 
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Es ist eine Welt für sich hier. Werde ich als Deutscher im Kleinwalsertal verhaftet, dann bekomme ich einen Helicopterflug des Innenministeriums, denn ich darf nicht über deutsches Gebiet transportiert werden. Andererseits können im Kleinwalsertal keine Flüchtlinge unterkommen, da das Tal nur über Deutschland erreicht werden kann und Flüchtlinge nicht innerhalb der EU in ein anderes EU-Land transportiert werden dürfen.

Mich hat Horst ins Kleinwalsertal transportiert. Leider hat sein Auto kein Dach, weswegen meine Birne bei Ankunft in Riezlern verglüht ist. Am Montag wird man sagen, ich hätte wohl einen tollen Lauf gehabt, so sonnenverbrannt, wie ich bin.

Der Samstag ist wirklich eine genialer Sonnentag, die Läufer des Kanzelwandtrails (9 km, 1100 hm) hatten einen Traumtag und lungern nun auf den zahllosen Bierterrassen rum.

Im Start/Zielbereich lungern die üblichen Verdächtigen rum, die morgen den Ultratrail oder die Kurzstrecke über 29 km angehen. Sie trinken aus Bierflaschen mit blauem Etikett. Am Sonntagabend wird es glücklicherweise welche mit goldenem Etikett  geben.

Verbessern könnte man auch die Wettervorhersage, die ist nämlich trostlos. Die Strecke wird verkürzt auf 60 km mit 3800 hm, es würde sonst Tote auf der blitzgefährdeten Fiderescharte geben. Zielschluß ist dieses Jahr 22 Uhr, statt 23 Uhr. Niemanden juckt das, denn niemand kann sich vorstellen, diese Cut-Off Zeiten zu reißen: Fünf Stunden fünfzehn für 22 km, acht für 36 km. Und das ist dann Fakt: 56 Kämpfer werden bei km 36 ausscheiden. Nur 9 Frauen werden  im Ziel ankommen. Es sind lehmbedeckte Amazonen.

 

 
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Der Regen weckt mich um 3 Uhr, um 4 Uhr die Autotüren der Aufgeregten. Von meinem Zimmerfenster sind es 300 Meter bis zum Start. Kaffee oder gar Frühstück gibt es um diese Uhrzeit nicht. An der Rezeption stapeln sich die Zimmerschlüssel der Nervösen. Hätte mir jetzt irgendwer gesagt, „Joe leg dich wieder hin“, ich hätt es gemacht. So aber dackele ich wortlos durch die Dunkelheit und neben Horst hinunter zum Start. Wir sind nach den 300 Metern völlig durchnässt.

Die Stimmung am Startort ist nicht so der Kracher, der folgende Trail dagegen schon. Regen. Jeder quetscht sich unter das Dach. Witzig allein die Läufer, die zwei Jahre nach mir in Bhutan gelaufen sind und dort meine Spuren gefunden haben.

Kontrolle der Pflichtausrüstung.  Wir sind nun eingepfercht, können nur nach vorne. Es hört auf zu regenen. Jeder zieht schnell die Jacken wieder aus.

Start 6 Uhr. Habe Anlaufschwierigkeiten, versuche dranzubleiben, doch die erste Steigung ist schier unmenschlich. Vor der Hängebrücke über die Breitach stauen sich die Athleten, ich habe aufgeschloßen. Die Brücke wackelt unter den Schritten der Läufer. Beim fogenden Abstieg hinunter zur Breitach bin ich immer noch dabei, weil man Respekt vor den glitschigen Sprossen der Eisenleiter hat. Ganz, ganz große Klasse, der Trail hier in der Schlucht. Ich hätte gerne mehr Zeit zum Fotografieren.

 

 
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Als es hell wird, lerne ich Markus kennen. Markus ist der Besenläufer. Wir kommen zum ersten VP, genannt Wäldele, obwohl er nahe einer Bergwiese ist. Ich brauche diesen VP nicht, wir haben hier km 4, und erst 7 Uhr. Ich weiß noch nicht, dass  es der erste und letzte VP ist, den ich auf meiner heutigen Tour sehen werde.

Von hier geht ein Weg zur Bruder Klaus Kapelle, die dem Schweizer Nationalhelden Nikolaus von Flüc (1417-1487) geweiht ist. Der Heilige hat es ermöglicht, daß die deutschen Kriegsgefangenen aus den russischen Lagern frei kamen. 1,2 Millionen deutsche Soldaten waren in den Lagern in Sibieren schon umgekommen, als Stalin 1953 starb und sich für Adenauer eine Chance ergab, mit Staatspräsident Bulganin und Ministerpräsident Chruschtschow zu verhandeln. Die Nacht vor diesem historischen Treffen verbrachte Konrad Adenauer betend am Grab des Heiligen.

Ich brauche jetzt nicht zu beten, es läuft prima, obwohl der Weg ungewöhnlich schwer ist. Markus, der Besenläufer sagt, daß er im letzten Jahr mit seinen Schützlingen nicht so zügig hier hoch ist. Ja, er erinnert sich an Kollege Günter, aber den hatte er erst ab Baad bearbeitet.

1969 jagte Trainer Max Merkel die Fußballer des amtierenden Meisters 1. FC Nürnberg zu Trainingszwecken mehrfach hier hoch. Als die Saison begann, war die komplette Mannschaft am Arsch, der 1. FC trat den Gang in die zweite Liga an. Im Kleinwalsertal gibt es den Fußballclub SV Casino, der Sportplatz liegt auf einer Höhe von  1200 Metern und ist der höchstgelegene Spielort innerhalb des DFB. Ja, des DFB.  Auch so ne witzige Eigenart des Kleinwalsertals. Heimspiele gibt es nur an 4 Monaten im Jahr, da der Sportplatz auch der schneesicherste des DFB ist. Der Sponsor, das Casino in Riezlern, war jahrzehntelang ein schöner Ort zum Waschen. Man wusch aber keine Trikots.

Wir kommen an einem Felsen vorbei, der eindeutig Brandspuren aufweist. Es ist ein Lager aus der Bronzezeit. Die Menschen jagten hier oben Hirsche. Man fand an dem Felsen Pfeilspitzen und Bohrer (mit denen man das Mark aus den Knochen holte), Kratzer und messerartige Werkzeuge.

Auf der Bergwiese sieht man den Gelben Enzian, den dunklen Fransenenzian und den seltenen Purpurenzian. Sie haben noch die Blüten geschlossen. Dazwischen leuchten aber die blauen Dolden des Knabenkrautes, eine Orchideenart und die rosa Blüten der Alpenrosen. Der weisse Germer ähnelt ohne Blüten stark dem Gelben Enzian, ist aber hochgiftig. Ältere Tiere kennen die Pflanze, doch Jungvieh vergiftet sich immer wieder. Ich habe diese Höllenpflanze fotografiert, sie haben die hohen, gelben Blütenstände. Es ist nicht ratsam, die Dinger zu berühren!

 

 
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Markus bleibt zurück, er muss die Markierungen mitnehmen. Die Schilder sind mit Kabelbinder befestigt, dafür braucht er Zeit, die ich nutze, um meinen Aufstieg in Ruhe fortzusetzen. Nur die Warnpfiffe der Murmeltiere begleiten mich, als ich die ersten Schneefelder erreiche und mich in das wildzerklüftete Gottesacker-Plateau wage. Dies ist ein interessantes Karstgebiet. Der Regen hat tiefe Furchen in den Kalkstein geätzt, als sei dies ein Gletscher. Man sollte auf dem Weg bleiben, manche Spalten sind sehr tief.

Die 3,5 km lange Schneckenlochhöhle ist teilweise noch unerforscht, da es in Karsthöhlen jederzeit zu einem Wassereinbruch kommen kann. Das Hölloch ist über 10 km lang und liegt schon in Deutschland. Der Grenzstein zu Bayern liegt auf einer geraden Linie zwischen dem Sonnenberg (1967 m) und dem Hohen Ifen (2229 m), gegenüber liegt ein Schneefeld, das aussieht wie Großbritannien.

Die Fiderepasshütte (km 54, 2067 m) liegt auf der Grenze zwischen Deutschland und Österrreich, die Grenze verläuft genau über die Terrasse, man kann also wählen, in welchem Land man sein Bier trinken will. Der Grund ist einfach, beim Bau der Hütte 1938 gab es den österreichischen Staat nicht.

Der Weg geht durch traumhaftes Gelände, ist aber technisch sehr gewagt: Der Kalkstein ist in langen Furchen unterteilt, dazwischen liegt schmieriger Lehm. Eigentlich müsste man von oben auf die  Kalksteinfurchen springen, doch ich habe sämtliche Marathontermine bis Jahresende gemeldet und habe Flüge, Hotels und Transport gebucht. Ich möchte hier kein Risiko eingehen, trete deshalb lieber zwischen die Furchen, da wo der Schlamm steht.

Und dann hängt mein Schuh und auch mein Fuß fest, während der Rest von mir weiter will, was mit heftigem Schmerz und den Verlust der Haut über dem Knöchel verbunden ist. Es ist mir jetzt klar, warum das hier Gottesacker heißt. Man lernt wieder beten. Das Blut suppt durch die schlammverkrusteten Socken durch.

In den Furchen lebt die schwarze Teufelsotter, auch Höllenotter genannt. Es ist eine Viper und soll die giftigste Schlange Europas sein. Ihr normaler Name ist schwarze Kreuzotter, und es stimmt, dass ihr Gift sehr stark ist, sie aber nicht viel davon hat. Es gibt keine dokumentierten Todesfälle, aber nochmal will ich nicht in so eine Furche tappen. Manche Leuten juckt ein Biß der Viecher nicht mal, anderen geht es richtig schlecht. Man sollte nach einem Biß auf jeden Fall ins Krankenhaus gehen.

Wenn ich hier meine Lumix oder gar meine Brille bei einem Sturz verliere, sind die Sachen unwiederbringlich fort. Wer weiss, was in den Spalten alles zu finden wäre, die Menschen sind schon vor 4000 Jahren hier langgedackelt. Aus den Furchen leuchten grüne Farne empor. Der Alpenampfer hat klodeckelgroße Blätter, die könnten vor dem beginnenden Regen schützen. Aber wer will schon in die Furchen greifen?

Km 17 ist erreicht. Die Jungs von der Bergwacht haben einen Kanister Wasser herauf getragen. Markus tauscht den GPS-Tracker aus für einen brutalen Aufstieg zum Hohen Ifen, der mit Drahtseilen gesichert ist. Hochalpines Gelände, schaurig, aber keine unlösbare Aufgabe. Ich vermeide einen Blick nach unten, obwohl mir seit meinem 72 Meter-Bungeesprung die Knie nicht mehr wackeln.

 

 
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Auf der anderen Seite des Tafelberges geht es über eine riesige, liebliche, aber steile Bergwiese. Die großblütige Gämswurz trotzt dem Nebel mit ihren gelben Blüten, dazwischen leuchten die blauen Glöckchen der zahlreichen Glockenblumenarten neben den blauen Ständen der sonst seltenen Teufelskrallen und den wirren Köpfen des Wilden Männle. Man könnte von hier aus den Bodensee sehen, aber die Wolken hängen zu tief.

Auf dem Hohen Ifen ist der Wendepunkt, es geht jetzt steil nach unten, über einen aalglatten Weg. Ich sehe Johanna vor mir und nehme mir vor, sie einzuholen. Klatsch, ich lege mich hin, bitte Markus, doch ein Foto vom gefallenen Joe zu schießen: „Wir haben jetzt andere Probleme“, antwortet er genervt. „Du bist über der Cut-Off-Zeit!“

Ich bin seit 4,5 Stunden unterwegs und habe bis km 22 noch 45 Minuten Zeit. „Du müsstest Supermann sein, um das zu schaffen“, sagt Markus. Warum, wird mir klar, als ich die Drahtseile sehe. Es ist das erste Mal in 16 Jahren Marathonlauferei, daß ich keine Möglichkeit habe, zu fotografieren. Es geht nicht, ich habe alle Hände voll zu tun. Nicht schwierig, aber langwierig. Vielleicht hangele ich mich 500 Meter weit, vielleicht 800, ich kann es nicht mehr einschätzen. Ich bin froh, dass die Gruppe Wanderer wartet, bis ich vorbei bin, sonst hätte ich noch länger gebraucht.

Dann sehe ich Johanna vor mir, sie ist genervt. Markus bleibt hinter ihr, ich dampfe ab. Gelaufen bin ich heute noch nicht wirklich. Ich probiere es also und bretter zweimal hin, dann bin ich an der Ifersguntenalpe. Der Senner kommt mir entgegen. Er hat eine Strichliste, auf der er nicht die Nummern der Läufer, sondern die seiner  Rinder notiert. Die sind in die Ohren getackert. Ich frage, wie lange es noch bis zur Auenhütte dauert. „Zwei Stunden!“ übersetze ich seine komische Sprache für mich.

Im Kleinwalsertal wird noch Walserisch gesprochen, eine Mischung aus Altschwitzer Deutsch und Bregenzer Dialekt. Aufgrund der Besiedlungsgeschichte haben viele Einwohner denselben Nachnamen, also nutzt man Spitznamen. „Schiißaglii“ ist ein Typ, dem alles egal ist. So wie mir - ich beschließe auszusteigen.

Die „Dupf“ (=Fleck) ist die Frau, die mal ein Muttermal im Gesicht hatte,  es sich wegoperieren ließ, weil sie nicht so genanntwerden wollte. Jetzt nennt man sie „Nümmr-Dupf“.

„Springst du nümmr?“ fragt mich die Sennerin und reicht mir ein Bier aus dem Fenster. „Springen“ nennt man das Laufen. Ich bin also der „Nümmr-Springer“.

Der Senner fragt seinen kleinen Buben, welchen Ruf die Ziege macht und schaut dabei durch das Fernglas. „Wonach schaust du? Nach Kühen, die sich die Beine brechen?“- „Jo“- „Wie oft kommt das vor?“- „ Drei bis 10mal im Jahr!“- „Und dann? Gipsverband?“- „Kopfschuß!“

Markus und Johanna kommen an. Ich sage Markus, dass ich keinen Bock mehr auf diesen Stress habe.  Er nimmt mir den Transponder ab, von nun an bin ich auf mich allein gestellt. Ich denke an Thomas, der seit Tagen seinen „Bundesorientierungslauf“ auf eigene Faust durchführt und nun bei km 500 ist. Ich denke an Wigald, der seit Wochen unter freiem Himmel pennt. Und ich denke an mich, der nun stressbefreit seinen eigenen Walser Ultra Trail machen wird und dampfe ab.

Die Alm steht unter Wasser, aufgelöste Kuhfladen vermischen sich und laufen in die Trailschuhe. Wie jeder Läufer, der die Zeitung liest, mache ich einen relativ weiten Bogen um die Rinder und versinke dafür knöcheltief im verdauten Gras-und Kräutergemisch.

Das Schwarzwassertal liegt auf der Grenze zwischen Schrattenkalk, das ist die Furchenlandschaft und Flysch, so werden hier die Wiesen genannt. An seichten Stellen des Baches sieht man Kaulquappen und Bergmolche, sogar kleine Bachforellen. An der Schwarzwasserhütte gibt es Wasser für die Läufer. Ich bin aber ein  „Nümmr-Springer“ und  

habe heute noch nichts  gegessen. Also rein in die Hütte. Dort sitzt ein Laufkamerad, der so angefressen ist, daß er nicht fotografiert werden will, und schon gar nicht namentlich erwähnt. Also nur ein Foto von seiner Riesenportion Kaiserschmarren.

Bis zur Auenhütte ist es noch ewig weit. Mein Blick geht immer wieder hoch zum Hohen Ifen, den wir umrundet haben. Wie ein riesiger Schiffsrumpf, wie die Arche Noah, so thront der Tafelberg dort oben. Die Alpe Melköde klingt für mich nicht einladend. Die Fenster des uralten Kuhstalls stehen offen, aber ich habe keine Zeit für einen Blick ins Innere.

Unterhalb der Melköde wird ein neuer Beschneiungsteich für die Skipisten gebaut. Der Sprengmeister macht gerade seine Bohrmaschine fertig und erklärt mir, daß er den Felsen inmitten des zukünftigen Sees sprengen will. „Dös geht besser, wenn die Jungs auf Wochenende sind“, sagt er. Als ich ihn frage, ob ich mal den Sprengstoff fotografieren darf, grinst er und sagt, er hätte jetzt keinen mit und macht den Kofferraum zu.

Der VP 2 an der blumengeschückten Auenhütte (km 22, 1300m) ist schon lange abgebaut. Ich sehe noch Markus und Johanna, wie sie um die Talstation der doppelsitzigen Ifenbahn biegen und ins Tal laufen. Ich hatte Markus gesagt, daß ich die Tour alleine fortsetzen werde. Er lässt die Markierungen für mich hängen,  also habe ich Zeit.

 

 
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In der Auenhütte entdecke ich einen uralten Tisch, der mit Graffity übersäht ist. 400 Jahre alt sei der Tisch sagt mir der italienische Wirt und erklärt mir die Schriften und Herzchen von Peterle und Co.

Der Aufstieg zur Walmendinger Alpe geht zügig. Der weitere Aufstieg zum Walmendinger Horn (1990 m) lässt mich dann aber doch an meiner Kunst zweifeln. Trotz des nun heftiger werdenden  Regens gefällt mir die Landschaft, wenn da nicht dieser blöde Spitzname wäre.  

Von hier oben nach Baad (km 36) wären es für mich nun 30 Minuten auf einem gut laufbaren Weg. Nümmr-Springer entscheidet sich aber nach oben zu wandern und diesen Tag, der kein Lauftag ist, zu vergessen. Die Seilbahn fährt alle 15 Minuten ins Tal.

In Riezlern angekommen, offenbart sich das gesamte Desaster dieses Tages: Von den 171 Läufern, die um 6 Uhr gestartet sind, sind nur 115 in Baad (km 36, 14 Uhr Cut Off Zeit) angekommen. Ab Baad war die Strecke trotz Regenschauern gut laufbar, sodaß niemand mehr ausscheiden musste. Die letzten Ultraläufer feiern wir um 19:30 Uhr im Ziel.

Lobenswert ist die lückenlose Betreuung durch die Bergwacht. Es wäre schön, wenn der Ultratrail im nächsten Jahr für Normalsterbliche auf zwei Tage aufgeteilt wird, nur läuft am Samstag schon der Kanzelwandtrail. Ich habe die erste Hälfte des Trails gesehen und bin begeistert. Nächstes Jahr nehme ich die zweite Hälfte ab Baad in Angriff (29 km).

Bis dahin bin ich euer Nümmr-Springer.

 

 

Informationen: Walser Trail Challenge
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