Der am höchsten bewertete Wanderweg Deutschlands, der Saar-Hunsrück-Steig, führt auf 410 Kilometern von Perl am Dreiländereck Frankreich/Luxemburg/Deutschland bis nach Boppard am Rhein. Der erlebnisreiche Wanderpfad dient dabei mehreren Laufveranstaltungen als attraktive Stecken-Grundlage.
Im Saarland kommt er beim HartfüßlerTrail e.V. gleich bei zwei Veranstaltungen zum Einsatz. Im Sommer veranstalten die Trail-Enthusiasten das Losheimer Trailfest rund um den gleichnamigen Stausee und im Winter erschließt der XMAS-Trail die schönsten Abschnitte des Saar-Hunsrück-Steiges und die dazugehörigen Traumschleifen im nördlichsten Zipfel des Saarlandes rund um den Kurort Weiskirchen.
Das Angebot an waschechten Winter-Trails ist in Deutschland noch relativ gering. Zumindest im Vergleich zu Belgien oder Frankreich. Dabei sind sie eine gute Motivation, um auch im Winter das Training nicht schleifen zu lassen und bekanntlich werden die Grundlagen für den Sommer im Winter gelegt. Da mein erstes großes Jahresziel schon im Februar ansteht, nutze ich also die Gelegenheit und nehme die Langstrecke meines Heimatvereins unter die Trailschuhe. 46 Kilometer mit 1.560 Höhenmetern gilt es zu bezwingen. Als Mitglied des Orgateams bin ich bereits am Samstagmorgen auf der Strecke, um die nördliche 20 Kilometer-Schleife zu markieren.
In diesem Jahr wurde der Start von Waldhölzbach nach Weiskirchen verlegt. Die Hochwaldhalle bietet das bessere Platzangebot und der ist nötig, da sich die Anmeldezahlen konsequent nach oben entwickelt haben. Allerdings wird die Strecke in entgegengesetzter Richtung zum Vorjahr gelaufen, vor allem damit die Verpflegungspunkte in einem vernünftigen Abstand anzuordnen sind.
Abends helfe ich noch beim Aufbau in der Halle und übernachte auch gleich dort. Das war ein Fehler, denn an Schlaf ist nicht zu denken. Ich liege unbequem auf meiner Matte. Der Rücken schmerzt vom vielen Schleppen und Verkehrsschilder-Aufstellen. Zu allem Überfluss geht auch noch ständig das Licht an und aus.
Ich bin froh, als es sechs Uhr ist. Wir stehen auf und richten alles für den Start der Ultrastrecke. Nach dem zweiten Kaffee komme ich so langsam zu mir. Dann strömen auch schon die Läuferinnen und Läufer aus 21 Nationen in die Halle. Gut 130 davon wollen es heute auf dem Ultra wissen. 46 Kilometer gilt es, bei winterlichen Temperaturen zu bezwingen. Etwa 190 Teilnehmende nehmen den 33 km langen Ruprecht-Trail unter die Schuhe und beim restlos ausgebuchten Brian Trail starten 250 Läuferinnen und Läufer auf der 14km Strecke.
Der Track musste noch bis zwei Tage vor der Veranstaltung aufgrund von Waldarbeiten angepasst werden und so gibt es noch ein ausführliches Streckenbriefing. Insbesondere über das Verhalten bei Notfällen, was bei diesen Temperaturen besonders wichtig ist.
Vor dem Start hat es noch etwas genieselt, aber jetzt ist es trocken. Oder zumindest regnet es nicht. Schwerer Nebel hängt über dem Startbogen, als es pünktlich um halb neun losgeht.
Es sind viele bekannte Gesichter am Start und so gibt es auf den ersten Kilometern erstmal ein großes „Hallo“. Es geht auf breiten Wegen immer berghoch. So kann sich das Feld schon mal auseinanderziehen und es wird ein Stau auf den ersten Single-Trails vermieden. Der Nebel ist sehr dicht und an fotografieren ist nicht zu denken. Leider bessert sich das Wetter auch nicht mehr, sodass es diesmal nur wenig Bildmaterial gibt. Aber ich mag diese neblige Stimmung sehr.
Außer dem Keuchen vor und hinter mir herrscht absolute Stille. Der Boden ist noch leicht gefroren und so hält sich der Matsch in Grenzen. Wir laufen nach Waldhölzbach. Ab dort sind wir auf der Traumschleife „Felsenweg“. Der bekannte Wanderweg wurde 2005 mit 100 Punkten bewertet. Mehr geht nicht. Über Weiden und Streuobstwiesen geht es in die Höhe bis zum höchsten Dorf des Saarlandes nach Scheiden. Im Sommer, bei entsprechender Sicht, hat man hier fantastische Ausblicke. Davon ist heute aber keine Spur. Immerhin sind die Wege etwas gezuckert vom Schnee, der heute Nacht gefallen ist und alles sieht richtig winterlich aus.
An der ersten Verpflegung nach 13 Kilometern gönne ich mir eine Bouillon und ein Schluck Cola, aber lange Stehenbleiben geht nicht. Der kalte Nebel dringt in jede Ritze.
Jetzt geht es erstmal bergab. Der Felsenweg macht seinem Namen hier alle Ehre. Wir passieren den Adlerfels. Single-Trails führen immer an kleinen Bächen vorbei. Die Strecke entlang eines kleinen ehemaligen Mühlenbachs gefällt mir besonders. Recht wackelig versuchen wir auf den Trittsteinen, keine nassen Füße zu bekommen, was nur leidlich gelingt. Dann steigen wir auf zum Bärenfels. Zwischendurch immer wieder Brachen, wo der Fichtenbestand durch den Borkenkäfer zerstört wurde. Und immer noch alles Grau in Grau. Die Baumstümpfe im Nebel wirken gespenstig.
Ein Schild zeigt uns die Grenze zu Rheinland-Pfalz. Auch später werden wir einen großen Teil direkt auf der Grenze zurücklegen. Aber jetzt geht es erst nochmal zurück Richtung Waldhölzbach, wo wir wieder auf die kürzeren Strecken treffen. Wir passieren den Teufelsfels. Für mich die schönste Formation des Weges. Auf einem sehr schmalen Zickzackweg queren wir einen weiteren Kahlschlag. Überhaupt ist der Anteil an kleinen und kleinsten Pfaden zu meiner Begeisterung sehr hoch. Die Wegewarte der Traumschleifen versuchen den Steig so gut es geht als Singletrail anzulegen. Waldwege werden allenfalls gequert. Nur dort, wo es keine Alternative gibt, folgen wir Waldwegen, aber immer nur für ein kurzes Stück. Asphalt gibt es nur sehr selten.
Wir erreichen den Wildpark. Die Bisons scheint das Wetter zu gefallen. Ich freue mich auf die zweite Verpflegung.
Hier haben wir die Hälfte. Die weiterführende Traumschleife „Wildnistrail“ macht ihrem Namen alle Ehre. Der Weg wurde nach Rodungsarbeiten umverlegt und gestern beim Markieren war die Wegführung kaum zu erkennen. Vor mir sind aber schon die Läuferinnen und Läufer der 33 Km Strecke hier durchgekommen und so ist die Spur unübersehbar. Ich bin jetzt ganz alleine hier im Nebel und steige stetig bergan. Auf dem Boden liegt noch der Schnee letzter Nacht. Es ist frisch. Dort wo die Fichten weichen mussten, stehen schon kleine Buchen. Die früher hier allgegenwärtigen Fichtenwälder sollen wieder in einheimischen Mischwald umgewandelt werden.
Der Weg steigt an bis zur höchsten Erhebung des Saarlandes, dem Schimmelkopf. Man hört das ständige Drehen eines Windrades, von denen es hier einige gibt. Ich sehe es aber erst, als ich unmittelbar davor stehe. Das war auch der Grund für die dicken Tropfen, die mich seit einiger Zeit begleiten. Beim Fotografieren der Hinweistafel vom Schimmelkopf überholt mich Josef. Ich durfte mit ihm mal gemeinsam den Donnersbergtrail an seinem Hausberg laufen. Er ist von der mystischen Szenerie genauso begeistert wie ich.
Jetzt geht es erst mal bergab. Ein langer gut zu laufender Downhill macht die Beine wieder locker. Unter mir rauscht immer mal wieder ein kleiner Wildbach. Jetzt ist es nicht mehr weit zur letzten Verpflegung. Von dort sind es nur noch 8 Kilometer. Der Weg dorthin führt recht kurvig durch verlassene Steinbrüche. Dann kommt die ersehnte Stärkung. Ich runde das üppige Mahl von Fleischwurst und Bouillon mit einem Bier ab. Aber dann geht es flott weiter, bevor es mir zu kalt wird.
Die Stärkung war jetzt genau richtig und ich habe wieder Energie für das letzte Stück. Wir folgen dem Bachlauf, der durch viele Rinnsale gespeist wird, die unseren Pfad queren. Trotzdem sind meine Schuhe erstaunlich trocken. Es beginnt zu nieseln. Das hätte ich jetzt nicht mehr gebraucht.
In stetigem Auf und Ab folgen wir dem Wasser, das auf vielen kleinen Holzbrücken überquert werden muss, um in der engen Schlucht einen passablen Weg zu finden. Dann geht es über den letzten Höhenrücken und wir sind wieder in Weiskirchen. Hier sprudelt der Holzbach, dem wir bis zur Zusammenführung mit der 14 Km Strecke auf einem kurzweiligen Pfädchen folgen. Nach der Brücke geht es einen kleinen Stich hoch. Dann folgt ein schmaler Pfad an den letzten Felsformationen vorbei bis zum Kurpark. Wir biegen rechts ab zur Jugendherberge und laufen noch hundert Meter Straße, bis wir den Zielbogen sehen.
In der Halle werden wir mit heißem Tee und Glühwein von den freundlichen Helfern empfangen. Als Medaille gibt es passenderweise einen Schneekristall.
Ich lasse mir die Kartoffelsuppe schmecken. Dann geht es unter die warme Dusche. Ich habe den Lauf sehr genossen und bin froh, dass ich diesmal den XMAS-Trail aus der Läuferperspektive erleben durfte. Damit habe ich die Laufsaison mit einem Paukenschlag beenden können.
Der XMAS-Trail ist ein landschaftlich schöner Lauf mit sehr hohem Single-Trail-Anteil. Knackige Anstiege, Wurzelwege und felsige Abschnitte machen ihn zu einem waschechten Trail-Erlebnis. Somit sollte er läuferisch nicht unterschätzt werden. Je nach Witterung kommen noch schlammige oder rutschige Passagen hinzu. Bei der Erstausgabe war es sehr kalt, was dann eine zusätzliche Herausforderung darstellt.
Die Zeitlimits sind moderat. Die Strecke ist sehr gut markiert. Ein Verlaufen kaum möglich. Somit ist das Rennen auch für Trail-Einsteiger gut geeignet.
Brian Trail ( ca. 15,51km / 500 Hm)
Ruprecht Trail ( ca. 33,49km / 1.050 Hm)
X-MAS Trail (ca. 46,82 km / 1.500 Hm)
Alle Distanzen sind Teil der ITRA National League Challenge.
Sie werden mit 4 Bergpunkten bewertet.
Außerdem werden die langen Distanzen als Qualifier Races für UTMB gewertet.