Die folgende Marathonreise eignet sich nicht für Kleiderbeutelabgeber und Rollkofferzieher. Zurzeit besteht eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes in das Gebiet südlich von Marrakesch. Zagora liegt im südlichen Marokko, nahe Algerien auf der alten Karawanenstraße nach Timbuktu.
Die Anreise (Ryan Air ab 120 Euro für Hin und Rückflug) bis Marrakesch. Von dort ca 340 Kilometer bis Zagora mit dem Bus (8 Std), oder Flug über Casablanca bis Ouarzazate, dann 130 km mit dem Bus/Taxi nach Zagora.
Mein Billigflieger landet um 10 Uhr morgens (-1 Std MEZ) in Marrakesch. Die Wechselstuben hinter der Zollabfertigung sind günstiger und ohne Wartezeiten. Man wechselt nur wenig Geld in Dirham um, das meiste wird in Euro bezahlt (kleine Scheine mitnehmen). Dirham darf man nicht ausführen.
Am Flughafen den Bus 19 zum Gare Routière (Busbahnhof) für 30 DH (3 €), am Königspalast vorbei, ca 4 Haltestellen. Die CTM-Busse fahren theoretisch 2x täglich (8 Uhr, 20 Uhr) nach Zagora. Supratours hat einen eigenen Busbahnhof, fährt 1x tägl., meistens nur bis Ouarzazate, muss im Voraus gebucht werden.
Wer außerplanmäßig eine Mitfahrgelegenheit sucht, muss Reklame machen, um Mitreisende zu finden. Ohne Französisch-und/oder Spanisch Kenntnisse geht nichts. Zahlreiche faux guides drängen sich auf. Nach 1 Std versammeln sich etwa 20 Fahrwillige, für 80 DH (8€) habe ich nun eine Mitfahrgelegenheit in einem Privatbus (grand taxi) für die 200 km (5 Std) bis Ouarzazate. Fliegende Händler wieseln durch den Bus und verkaufen Reiseproviant. Die kräftezehrende Fahrt über den Hohen Atlas zählt zu meinen absoluten, unvergesslichen Highlights der Reise. Absolutes must-have-seen!
Schon nach wenigen Minuten sind wir in der Haouz-Ebene, herrlicher Blick auf den schneebedeckten Hohen Atlas. Die weitere, landschaftlich schöne Strecke führt in Serpentinen durch schroffe und steil zerklüftete Berge mit knorrigen Wacholderbäumen. Mineralien und Fossilienhändler am Straßenrand. Nicht alles was bunt ist, ist auch echt. Schwer bepackte Lastwagen kriechen die Kurven hinauf. Unten knallgrüne Täler mit sprudelnden Bächen und urigen Dörfern. Nach 2 Std Pipipause in Taddert, einem winzigen Bergdorf. Es gibt knusprige Ziegenfleisch-Spieße an Straßenrand zu kaufen.
Hier befindet sich eine Barrière de neige, bei Schneefall wird die Straße gesperrt (Wartezeit 2-3 Std). Hinter zahllosen Lastwagen quälen wir uns das Tal des Oued Tazlida hinauf, immer mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Djabal Tistouit (3224 m), ich fotografiere aus dem Rückfenster.
Nach einer weiteren Stunde haben wir die Passhöhe des Hohen Atlas, Tizi-n-Tichka auf 2260 m erreicht. Es wird der Tag kommen, da schnappe ich meinen Laufrucksack und laufe hier los. Einfach so, weil es ein wunderschönes, abenteuerliches und knallhartes Gebiet ist.
Es ist das sagenumwobene Gebiet des Berberfürsten El Glaoui (sprich Glawi). Die Berber sind die Urbevölkerung dieses Gebietes, Rifkabylen und Tuareg zählen auch dazu. Die Bezeichnung leitet sich wohl vom griechischen bárbaros ab und bezieht sich auf die 80.000 germanischen Vandalen, die sich am Ende der Völkerwanderung mit den Einheimischen hier vermischten.
Es geht abwärts, die Bremsen kreischen und ziehen uns immer wieder auf die Straßenmitte. Der nächste größere Ort ist Ait Benhaddou, Weltkulturerbe der UNESCO. Hier wurden zahlreiche Filme gedreht, „Sodom und Gomorrha“, „Lawrence von Arabien“, „Die letzte Versuchung Jesu“, „Gladiator“, „Alexander“ und „Königreich der Himmel“. An den Atlas- und CLA Studios vorbei. Surreale Szenerie von tibetanischen Tempeln, der Papp-Düsenjet aus dem „Juwel am Nil“, ägyptischen Tempel aus „Asterix und Obelix“ oder das alte Jerusalem.
Völlig durchgeschüttelt wegen loser Sitze und dem abenteuerlichen Fahrstil des Busfahrers komme ich nach 5 Std in Ouarzazate an. Von hier aus starten die Transportflieger für den Marathon des Sables im April.
War die Tour bis hierhin schon der Hammer, jetzt wird es noch besser. Es gibt heute keine Weiterfahrt mehr. Also mache ich wieder Reklame und rufe „Zagora?“ „Zagora?“. Nach wenigen Minuten gesellt sich wortlos eine Verschleierte zu mir, ein Mercedesfahrer nickt mir zu. Er spricht eine Art Spanisch: „Quinco veinte“ ist sein Preis. Wir zahlen also jeder 70 DH (7 €) für die 130 km bis Zagora, und freuen uns auf eine gemütliche Fahrt.
Doch weit gefehlt. Der Fahrer fährt eine Stunde durch die Stadt, bis wir insgesamt 7 Leute sind, die sich für die folgenden 3,5 Std Höllenritt im Auto zusammenquetschen. Der neben mir, der mit dem Ziegenmundgeruch, spricht ein wenig französisch. Er hat deutsche Medizin in Casablanca abgeholt, fängt eine lautstarke Diskussion an, weil der Fahrer telefoniert. Unglaubliches Geschrei in diesem Gefängnis. Es wird dunkel.
Es beginnt die Straße der Kasbahs, alte schmucke Dörfer aus Stampflehm mit vielen Ornamenten verziert. Es geht jetzt wunderschön entlang des palmengesäumten Draatales mit malerischen Oasengärten und Ksour (Dörfern). Irgendwo Pipipause. Es ist schweinekalt, dann wieder reinquetschen.