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10.07.10 - Zermatt-Marathon

Kein Hinderungsgrund

Vom Jakobsweg am Thunersee zweigt eine reizvolle alternative Route ab, ein Pilgerweg übers Wallis und die Alpen nach Varallo, dem „Neuen Jerusalem“ im Piemont. Die Strecke führt über St. Niklaus und weiter ins Saaser Tal, wo sie am Ende über den Moropass nach Piemont führt. Während des „Betens mit den Beinen“ auf über 220 Kilometern werden nebenbei noch 10000 Höhenmeter überwunden. Vielleicht nimmt ein Veranstalter die Idee eines Ultra-Pilgerlaufs einmal auf, für heute reicht mir eine kleinere Dosis Laufen. Statt in St. Niklaus Zwischenstation zu machen, beginne ich das Abenteuer dort, bleibe im tiefsten Tal der Schweiz und werde mich vor der Kulisse der wohl bekanntesten Bergsilhouette, dem Matterhorn, mit einem Fünftel der Höhenmeter begnügen. Das ist auch gut so, denn es wartete noch eine andere Aufgabe auf mich. Entsprechend bin ich vor einem Marathon wieder einmal aufgeregt.

Im Race Magazine des Zermatt Marathons, das die Teilnehmer nachhause geschickt bekamen, war das Portrait von Patric Marquart, einem Marathonläufer mit spastischer Lähmung, der sich heute einen Wunsch erfüllt und seinen ersten Bergmarathon läuft und mit dem Zermatt Marathon einen Traum wahr macht. Da ihm die Trittsicherheit für die ausgesetzten Pfade fehlt, bot ich mich ihm als Begleiter an. Für die ersten 15km mit weniger als 400 Höhenmetern habe ich ein wenig Bedenken. Wegen mir und meiner Geschwindigkeit. Immerhin hat Patric in Hamburg Ende April seine PB auf 3:19 gesenkt. Ich sollte ihm folgen können und auf dem danach folgenden Trail noch eine Stütze sein…

Ich hoffe auf seine Nachsicht, so wie er auf die der anderen Teilnehmer hofft, falls wir als Gespann ein Hindernis fürs Überholen sind. Um allfälligem Unverständnis den Wind aus den Segeln zu nehmen, habe ich uns je ein Schild mit den Aufschriften „Handicapped Runner“ und „Guide“ auf den Rücken geheftet.

 
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Von Zermatt aus reisen wir am Morgen mit dem Extrazug nach St. Niklaus, wo Startnummernausgabe und Start sind. Kurz nach unserer Ankunft kommt aus der Gegenrichtung der Zug aus Visp, der die Tagesgäste an den Start bringt. Der Lötschberg-Basistunnel ermöglicht aus vielen Landesteilen die Anreise gleichentags und hilft mit, die Teilnahmezahlen auf ein gutes vierstelliges Niveau zu bringen. Im vergangenen Jahr hat eine Aussage aus offiziellem Tourismus-Mund für Wirbel gesorgt, welche Tagesgäste als BIB, Bratwurst essende Infrastruktur-Benutzer, betitelt hat. Wer heute die Verbesserung der Bahninfrastruktur zur Reise an diesen schönen Bergmarathon nutzt, müsste korrekterweise als GIP, Gel schlürfender Infrastruktur-Benutzer bezeichnet werden. ..

 
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Um solcherlei Polemik kümmern sich die Organisatoren des Zermatt Marathons offensichtlich nicht. Jedermann ist herzlich willkommen, ob Spitzenläufer oder Marathonneuling, ob Tagesgast oder Feriengast. Wobei sich mindestens ein Kurzurlaub fast aufdrängt, schließt das Startpaket an diesem Wochenende doch auch freie Fahrt auf verschiedenen Bahnen ein, ein tolles Angebot der als Sponsoren beteiligten Bahnen.

Schon frühmorgens zeigt das Thermometer sommerliche Temperaturen an und die Vorhersage für den heutigen Samstag verspricht für diese Bergregion ungewöhnlich hohe Werte.  Für mich ist klar, dass die Kräfte gut dosiert werden müssen und ich warne Patric, dass er von mir keine Pareforceleistung erwarten könne. Ich spüre aber, dass er heiß auf diesen Lauf ist und ich Mühe haben werde, ihn zu bremsen.

 
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Der Start ist gestaffelt, erst die Spitzenläufer, dann die Staffeln und dann das Feld. Die Ehrenstarterin, Skirennläuferin Fränzi Aufdenblatten, schickt uns mit dem Startschuss und ihrem Markenzeichen, dem fröhlichen Lachen, das ihr auch in ihrem harten Aufbautraining nach Verletzungspech nicht vergangen ist, auf die fast 2000 Höhenmeter. Die Straße hoch ins Dorf macht gleich klar, mit welcher Währung heute bezahlt wird. Es ist erst Mitte Morgen und die Sonne brennt schon unerbärmlich auf uns herunter. Im Schatten der Häuser und inmitten der Anfeuerungsrufe der zahlreichen Zaungäste im Dorfkern geht das einen Moment vergessen. Kaum sind wir aus dem Siedlungsgebiet, gibt es keinen Zweifel, dass der diesjährige Zermatt Marathon einen Zacken härter wird als bei meinen zwei bisherigen Teilnahmen.

 

Informationen: Zermatt-Marathon
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