Wer trotz der Wärme Zeit hat sich umzusehen, wird von Beginn weg mit einer tollen Aussicht auf die umliegenden Berge belohnt. Leider vermag diese den trockenen Mund nicht zu befeuchten. Der Eindruck der südländischen Temperaturen wird auf der Naturstraße durch den aufgewirbelten, sich hartnäckig in der warmen Luft haltenden, feinen Staub verstärkt. Eine Wüstenprüfung in den Alpen gewissermaßen. Abhilfe schaffen nach gut fünf Kilometern die freundlichen Helfer an der ersten Verpflegungsstation bei Herbriggen. Die Tische sind bestens vorbereitet und es gibt keinen Engpass beim Nachschub, obwohl ich nicht der einzige bin, der hier schon vier Becher Flüssiges in sich hineinschüttet.
Stetig leicht ansteigend geht es talaufwärts, der Mattervispa entlang zum gewaltigen Schuttkegel des Bergsturzes von 1991 bei Randa. Patric läuft inzwischen ein Stück vor mir, da ich zwischendurch die Eindrücke auf der Strecke fotografisch festhalte und ich es auf einem kürzeren stärker ansteigenden Stück etwas gemütlicher nehme.
In Randa gibt es dann wieder, von mir sehnlichst erwartet, Wasser und Iso, wer Festnahrung braucht bekommt Bananen und Riegel und auch für die Gel Schlürfer ist gesorgt. Im Schatten bei einer Brause wartet Patric auf mich. Beim Brunnen kühle ich noch den Kopf herunter, tränke meinen Sonnenhut mit erfrischendem Wasser und nehme dann zusammen mit Patric den nächsten Abschnitt in Angriff. Meine Beine erreichen erst jetzt ihre Betriebstemperatur und die gewünschte Geschmeidigkeit, endlich ist die Hypothek meiner jüngsten Lauf-Historie aus ihnen geschüttelt.
Bis Täsch sind nicht so viele Höhenmeter zu überwinden, zudem gibt es immer wieder einen Brunnen am Wegrand, wo ich mir etwas Abkühlung besorgen kann. Interessanterweise kommt mir die Strecke trotz der erschwerenden Bedingungen durch das allzu gute Wetter kürzer vor als vor meinem inneren Auge gespeichert.
Nach einer weiteren Verpflegung in Täsch geht es nicht mehr weit und die Straße wird verlassen. Es geht hinunter zu einer gedeckten Holzbrücke über die Schlucht. Von hier an ist Trailrunning angesagt.
Wir machen ab, dass Patric vorangeht und sich meldet, wenn er meine Unterstützung braucht. Dass dem so wäre, ist nicht zu erkennen. Mir wird fast schwindlig beim Zusehen. Wie wenn er in letzter Zeit nichts anderes gemacht hätte, erklimmt er Stein um Stein. Vom Tempo her ist kein Unterschied zu den Läufern vor und hinter uns zu spüren. Mich beschleicht ein mulmiges Gefühl. Übernimmt er sich? Gehen die Pferde mit ihm durch? Er scheint derart im Flow zu sein, dass ich ihn nicht bremsen möchte, obwohl das eher meinem Wohlfühltempo entsprechen würde.
Der Flow wird dann aber abrupt gestört. Eine kleine Unachtsamkeit lässt Patric stolpern. Seine Bewegungseinschränkung erlaubt ihm kein Folgen linderndes Abrollen, und so helfe ich einem mit zahlreichen Schürfungen und einem Schrecken versehenen Läufer wieder auf die Beine. Zermatt und damit die Möglichkeit einer Versorgung durch die Sanität sind zum Glück nicht mehr weit. Bald schon ist offensichtlich auch der Schrecken gewichen, denn Patric zieht mir schon wieder davon.
Am Verpflegungsposten erfahren wir, dass die Sanitätsstelle weiter vorne bei der Wechselstelle für die Staffel sei. Während ich mich ausgiebig verpflege, geht Patric schon mal vor, um seine Schürfwunden versorgen zu lassen. Nach ausgiebiger Hydration gehe ich auch zur Wechselzone, bleibe nach der Zeitmessung stehen und halte Ausschau nach dem Sanitätsposten. Ich finde dann heraus, dass der schon fünfzig Meter vorher war und bin überzeugt, dass Patric noch dort ist. Nach längerem Warten frage ich einen Helfer, ob er für mich herausfinden könne, ob mein verletzter Kumpel sich noch dort aufhalte. Die Kommunikation klappt schließlich und ich erfahre, dass auch Patric den Sanitätsposten nicht gesehen hat und weitergelaufen ist. Mist, dann muss er jetzt zehn Minuten Vorsprung haben. Was bleibt mir jetzt anderes übrig, als allein weiterzuziehen und zu schauen, ob und wo ich wieder auf „meinen Schützling“ treffe, dem ich meine Unterstützung versprochen habe.
Auf der kurzen Begegnungsstrecke ausgangs Zermatts kommt mir Patric entgegen und wir machen ab, dass er vorerst alleine weiterläuft. Bis nach Sunnegga hoch schafft er das problemlos, die Beschaffenheit der Forststraße und die gleichmäßige Steigung werden für ihn gut zu bewältigen sein.
Auch für mich kommt jetzt der Teil der Strecke, auf welchen ich mich besonders gefreut habe. Da kann auch die Temperaturanzeige beim Zollhaus nichts ändern, auf welcher schon fast rekordverdächtige 29⁰ C stehen.
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