Mir kommt zugute, dass ich in diesem Jahr schon etliche Kilometer und Höhenmeter gesammelt habe. Deshalb ist auch der kurze, steile Anstieg am Ende der Rampe, am Dudelsackpfeifer vorbei, keine Qual. Es ist mir möglich, auch den letzten Kilometer, die Schlaufe über die Riffelalp zu genießen. Auf der letzten Steigung treffe ich auf Tristan Miller, den Australier, der mit seinem Spendenprojekt „Run like cracy“ in diesem Jahr 52 Marathons läuft. Ein halbes Jahr ist es her, seit wir uns beim ersten Marathon seiner Serie, dem Neujahrsmarathon in Zürich kennengelernt haben. Er ist mit seinem Projekt auf Kurs. Aabgesehen davon, dass mir Patric enteilt ist, bin ich es auch.
Plötzlich grüßt mich hinter einem Monsterobjektiv hervor eine bekannte Stimme. „Klaus, was machst du denn da?“ Ich komme mir vor wie Hase und Igel. Wir sind doch zur gleichen Zeit in St. Niklaus gestartet. Nun ist er umgezogen mit seiner ganzen Fotoausrüstung auf dem Riffelberg. Ich erfahre von ihm, dass er – wie auch zahlreiche Spitzenläufer – unterwegs ausgestiegen ist. Er hat als Ort dafür Zermatt gewählt und hat, nach einem kurzen Abstecher zu unserem gepflegten Hotel, mit seiner Reporterausrüstung im Gepäck die Bahn hoch zur Riffelalp genommen, um weiter seines Amtes zu walten.
Es sind nur noch wenige Meter zum Ziel vor dieser imposanten Bergkulisse, auf welchen ich es rollen lasse. Die Uhr zeigt zwar an, dass ich fast eine halbe Stunde länger gebraucht habe als die vergangenen beiden Male. Aber mit dem letzten Meter habe ich ohne Verletzungen und Beschwerden innerhalb von vier Wochen 370 Kilometer und 15000 Höhenmeter bei Wettkämpfen zurückgelegt, für mich ein Riesengeschenk, für das ich von Herzen dankbar bin. Unzählige Eindrücke der Natur haben sich tief eingeprägt, Erinnerungen, die mir niemand nehmen kann.
Im Zielbereich, noch vor der Zielverpflegung und der Abgabe des aus rezyklierten PET-Flaschen gefertigten Finisher-Shirts und der Medaille treffe ich Patric wieder. Er ist ein paar Minuten vor mir auf dem Riffelberg angekommen. Ich frage nur: „Wie hast du das alleine geschafft?“ Wenig später stellt er mir Ralf aus Leipzig vor, der unterwegs spontan meinen Part übernahm und ihm auf den schwierigen Wegabschnitten helfend zur Seite stand. Das Meiste hat er aber selbst geschafft. Ich habe den Eindruck, dass der schwierigste Teil seines Unternehmens darin bestand, den Mut aufzubringen, sich einen Bergmarathon zuzutrauen. Es freut mich, dass ich ihm bei diesem Entscheid helfen konnte und er an dieser Marathonvariation Gefallen gefunden hat. Ich glaube, es wird nicht sein letzter sein.
Mit dem festen Wunsch, einmal einen Bergmarathon laufen zu können und dem Willen, sich akribisch darauf vorzubereiten, hat Patric trotz seiner spastischen Lähmung einen Lauf hingelegt, von dem viele Läufer ohne körperliche Einschränkung nur träumen können. Dafür gebührt ihm großer Respekt. Schön wäre es, wenn mit der Erfüllung seines Läuferwunsches er auch einen seiner weiteren wahr werden sehen könnte. Dass Gesunde seine Leistung zum Anlass nehmen, ihren Körper ohne Beeinträchtigungen sportlich zu pflegen und ihm so besser Sorge zu tragen.
Unterwegs hätte ich mir in der Hitze nicht vorstellen können, wie sehr ich nach diesem Lauf eine warme Dusche schätze. Ist der Vergleich mit einer rituellen Waschung zu gewagt? Ich wasche Staub, Schweiß und Salz als unnötigen Ballast von mir. Haften bleibt das Leichte, Erfrischende, Erfreuliche.
Ein reinigendes Gewitter liegt auch draußen über den Viertausendern in der Luft. Ich spüre nur ein paar Regentropfen, bevor ich einen der Extrazüge hinunter nach Zermatt besteige. Dort hat in der Zwischenzeit ein Gewitterregen etwas Kühlung ins Dorf gebracht.
Nach meiner üblichen After-Race-Diät in Form von Pommes gehe ich zum Festzelt, wo im Rahmen des Marathonprogramms eine Jodlermesse stattfindet. Dieser besondere, in der örtlichen Musiktradition verankerte Gottesdienst zieht mit seinem folkloristischen Element auch japanische Touristen an und ist Ausdruck der Besinnung und der Dankbarkeit für diesen wunderschönen Tag. Ein Dank, dem ich mich gerne anschließe.
Eigentlich ist es nicht Aufgabe eines m4y-Reporters, immer an den gleichen Marathon zurückzukehren. Für die Jubiläumsausgabe im nächsten Jahr habe ich – wie wenn tadellose Organisation, freundliche Helfer, unbezahlbar schönes Panorama nicht schon genug Gründe wären – ein schlagkräftiges Argument, warum ich wieder darüber berichten sollte: Es wird nicht der gleiche Marathon sein. Zum Jubiläum wird einem viel geäußerten Wunsch entsprochen und, zusätzlich zum Zermatt Marathon mit Ziel auf dem Riffelberg, für maximal 500 Teilnehmer eine Ultra-Verlängerung mit zusätzlichen 500 Höhenmetern angeboten.
Auf Wiedersehen beim Zieleinlauf auf dem Gornergrat.
Männer
1. Wieser Patrick, Aadorf 3:09.34,5
2. Frick Gerd, I-Merano (BZ) 3:13.36,8
3. Dupont Jean-Christophe, F-St Jean de Sixt 3:14.46,9
Frauen
1. Landolt Claudia, Jonschwil 3:44.05,2
2. Staicu Simona, H-Mogyorod 3:52.43,1
3. Amiet Tanja, Zuchwil SO 3:59.20,7
1041 Finisher
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