Irgendwann, Ende August 2010 muss es gewesen sein, kurz nach dem berühmten Ultra-Trail du Mont-Blanc las ich eine Meldung auf Facebook, auf der von einem Trail rund um Zugspitze die Rede war, sozusagen die deutsche Ausgabe des UTMB. Die ersten Streckendaten lauteten: Ultra-Trail 100 km mit ca.6000 Hm und ein Supertrail 65 km mit über 3700 Höhenmetern.
Höhepunkt der Strecke um das Wettersteingebirge, sollte der Aufstieg auf die Zugspitze, bis zum Gletscherrestaurant SonnAlpin, auf einer Höhe von 2600 m sein. Startort für beide Distanzen Grainau. Genau das Richtige für Jan, Mario und mich. Wir waren sofort Feuer und Flamme und nach dem sich das Gerücht bewahrheitete fackelten wir nicht lange – noch dazu bei einem Teilnehmerlimit von 1000 Läufern – und meldeten uns gleich noch im September an. 6000 Höhenmeter müssen erst einmal bezwungen werden und da wir alle drei keine Gemsen sind und auch nicht im Bergland wohnen und somit nur im Flachen trainieren, haben wir entschiede,n mit der Supertrail-Strecke vorlieb zu nehmen.
So ganz genau stand die Route beim Veranstalter aber wahrscheinlich noch nicht fest, immer wieder gab es kleine Veränderungen bezgl. der Distanz. Der Hammer kam dann im März, – drei Monate vor dem Startschuss – SonnAlpin wurde gestrichen. „Aus Rücksichtnahme auf Natur- und Umweltschutz“, hieß es in der Pressemitteilung. Das bedeutete praktisch, der Zugspitz-Ultratrail wird ohne die Zugspitze stattfinden, wir werden sie nur umrunden und vielleicht von der Ferne sehen. Die Enttäuschung war erst mal riesengroß. Die neuen Daten der Strecke lauteten 101 km, 5672 Hm für den UT und 69,8 km, 3383 Hm beim Supertrail. Aus zuletzt 64 km wurden also knapp 70 km, dafür aber 300 Hm weniger, das versprach aber zumindest doch sehr anspruchsvoll zu werden.
Eine weitere gravierende Änderung war die Startortverlegung des Supertrail ins 40 km entfernte Leutasch in Österreich. Die Supertrailer laufen somit in die 100ter-Strecke bei ca. km 40 ein und absolvieren die Reststrecke des UT gemeinsam mit dessen Teilnehmern. Das verspricht für mich sehr interessant zu werden, da wahrscheinlich, die zwei Stunden vor uns startenden Spitzenläufer des UT auf mich auflaufen werden und so einmal aus nächster Nähe zu beobachten sind.
Wie sich das alles jetzt auswirkt und wie viel Spaß und Abenteuer uns die Strecke bringt, das werden wir an diesem Wochenende feststellen. Einige Dinge gibt es aber bereits vorab zu beachten. Jeder Teilnehmer ist verpflichtet, ein ärztliches Attest vorzulegen das nicht älter als drei Monate ist. Dann kommt das Mitführen diverser Ausrüstungsgegenstände während des kompletten Wettkampf‘s. Vorgeschrieben sind da in erster Linie vernünftige Trailschuhe mit hochgebirgstauglichem Profil, die flachen Rennlatschen müssen daheim bleiben. Eine wasserdichte Regenjacke, als Wärmebekleidung ein Langarmhemd und eine lange Laufhose, Handschuhe, Mütze. Dazu eine Stirnlampe, Wasserbehälter mit mindestens 1,5 Liter, eine Notfallausrüstung (Erste-Hilfe-Set, Rettungsdecke, Pfeife) und das alles schön in einem Rucksack verpackt. Mobiltelefon mit eingespeicherter Rescue-Nummer ist ebenfalls von Nöten. Empfohlen werden außerdem Teleskopstöcke und zusätzliche Verpflegung. Vom Veranstalter werden uns noch ein Trailbook mit Kartenausschnitten, Detailplänen und Höhenprofil der gesamten Strecke gestellt. Das ergibt letztendlich schon einen vollbepackten Rucksack, der mitzuschleppen ist.
Zeitlimits gibt es auch und davon gleich mehrere, beim Supertrail müssen z.B grob die ersten 25 km nach spätestens 5:30 Std. und die 50 km in 11 Stunden passiert werden. Dazu steht noch zwischendrin ein Check beim Onkel Doktor an. Den kompletten Lauf muss man in 16 Stunden finishen. Das hört sich machbar an und sollte auch für Nicht-Hardcore-Trailer zu bewältigen sein.
Als kleinen Vorgeschmack bekamen wir schon am Mittwoch den offiziellen Song des Zugspitz-Ultratrail-Events „Coming Home“ zugesandt. Der geht gleich gut ins Ohr und am liebsten möchte ich mich sofort auf die Strecke begeben. Den Trailer des ZUT und Ausschnitte des Songs könnt ihr euch gerne auf YouTube anhören:
Spannend wird es auch, was das Wetter betrifft, nachdem die Prognosen lange Zeit sehr schlecht für uns aussahen, hat es sich jetzt aber doch ganz anders entwickelt und es könnten sogar hervorragende Bedingungen herrschen. Bereits am Freitag bin ich außergewöhnlich nervös und der Adrenalinspiegel steigt deutlich, da steht spürbar was Größeres an.
Für Ortsunkundige, die Gemeinde liegt im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, ein paar Kilometer entfernt von Garmisch. Der bekannteste, in Grainau Geborene wird wohl der Hans-Joachim „Striezel“ Stuck sein, der jetzt am Wochenende übrigens seine lange Rennfahrer-Karriere beendet hat. Die Startunterlagen im Kurhaus sind schnell empfangen, danach können wir noch durch die Trailrunning-Expo schlendern und ein paar Einkäufe tätigen, bevor wir es uns im Festzelt gemütlich machen. Zumindest sieht der Musikpavillon innen mit der großen Zeltplane danach aus, besteht aber aus mehreren festen Gebäudeteilen, über deren freien Platz die Plane gespannt ist.
Ab 18 Uhr ist Beginn der Pasta Party. Manche lassen sich Berge von Nudeln aufladen. Da frage ich mich schon, wie die das denn morgen den Berg hoch schleppen wollen. Aber sie sind ja auch gratis und da übertreibt man ja mal gerne. In aller Ruhe kann ich das ausgegebene Roadbook studieren. Als erstes fällt mir sofort eine erneute Streckenänderung auf. Die Strecke ist jetzt einen Kilometer und ca. 260 Hm kürzer. Also aktuell noch 68,8 km und 3120 Hm. Die Ultratrailstrecke hat sich auch um dieselben Höhenmeter verkürzt, aber interessanterweise noch genauso lang wie vorher. Wie wir später im Briefing erfahren, wurde ein Abschnitt auf einem Höhenweg nicht genehmigt. Um 19:30 Uhr ist das Zelt – ich bleib dabei – gesteckt voll. Das Erscheinen zum Streckenbriefing ist für alle Plicht. In 1,5 Stunden werden wir genauestens über das informiert, was ich euch schon in Kurzform verzapft habe und natürlich noch viel mehr und detaillierter, inklusive eines Hubschrauberfluges über die Strecke. Die Streichung der ursprünglichen Zugspitzbesteigung ist auch den Behörden zum Opfer gefallen, werden wir aufgeklärt. Und ganz wichtig, die Wetterfritzen sagen uns Null Niederschlag vorher und angeblich bis zu 7 Sonnenstunden.
Während die Läufer des Ultratrail in der Startaufstellung stehen, wartet für uns am Grainauer Dorfplatz der Shuttlebus-Service. Dadurch kann ich leider keine Aufnahmen vom Start des UT machen, aber m4y ist wieder doppelt vertreten. Den superlangen Kanten checkt Daniel ab, vor zwei Wochen haben wir die Arbeitsteilung schon in Liechtenstein gemeinsam ausgeführt. Er die Schnellen, ich die Langsamen. Hier machen wir, er den „Großen“, ich den „Kleinen“.