Kurz nach dem 10KM-TO-GO-Schild habe ich den höchsten Punkt dieses Aufstiegs (2029m) erreicht. Etwas unterhalb der Alpspitzbahn-Bergstation geht es wieder runter. 1300 Hm abwärts liegen jetzt vor mir. Vom Steig in der Felswand ist der Blick hinunter nach Garmisch am eindrucksvollsten. Aber es wird schon ganz langsam dämmrig, eigentlich will ich die Stirnlampe heute nicht benützen. Mir ist der aber der Abstieg hier viel zu gefährlich und nehme lieber kein allzu großes Tempo auf. Vom Veranstalter sind auch Schilder aufgestellt „Achtung Beginn gefährliche Passage“. Habe ich im Hellen natürlich auch schnell erkannt, weil es ein paar Zentimeter links steil nach unten geht. Aber der Großteil der UT-ler muss hier in der Nacht runter und das ist bestimmt kein Zuckerschlecken und nicht so leicht erkennbar. Bereits jetzt ist das schon saugefährlich, weil es zwischendrin immer mal leicht nieselt und das Gestein rutschig ist.
Zurück an der Längenfelder Station lasse ich mir als erstes noch einmal die Tomatensuppe schmecken. Wieder nach Cola zu fragen, verkneife ich mir, ich habe ja nur mehr dieses „kleine“ Reststück den Berg runter. Die Ultratrailer benötigen diese kurze Energiezufuhr sicher nötiger als ich, vor allem weil ich mich auch immer noch sehr gut fühle. Ich würde jetzt gerne für den Talablauf meine Stöcke wegpacken, frage aber mal vorsichtshalber nach, wie sich die Strecke den noch so gestaltet. „Ich würde sie schon noch verwenden, es kommen noch ein paar heikle Abschnitte“ bekomme ich als Antwort.
Was er damit gemeint hat, wird mir schon nach den ersten Metern klar. Steil und diffizil geht es zwischen scharfkantigen Felsen und Gestein nach unter. Das ist ja der Wahnsinn, eigentlich habe ich mich auf einen schönen Laufabschluss den Berg runter gefreut, aber weit gefehlt. Tempo kann man hier überhaupt nicht aufnehmen, wenn es einen da zerbröselt, muss man schon viel Glück haben, mit ein paar Schürfwunden davon zu kommen. Und es ändert sich auch nicht viel, je weiter ich runter komme. Mittlerweile ist es Kuhnacht und ich habe meine Stirnlampe aufgezogen. Zur Steilheit kommen weiter unten noch rutschige Abschnitte hinzu, mehrmals kann ich mich nur noch in letzter Not mit den Stöcken retten. Die sind hier so eine Art Lebensversicherung für mich und ich hab sie schon richtig lieb gewonnen. Warum werden eigentlich überwiegend nur die Höhenmeter aufwärts erwähnt? Beim Supertrail müssen sogar noch fast 400 Hm mehr negativ bewältigt werden, sodass wir auf ca. 3500 Hm abwärts kommen und die sind teilweise wirklich der Hammer.
140 Bergwachtler stehen heute an vielen Stellen bereit, jetzt am Abend haben sich viele ein Feuer gemacht und eine Zeltplane aufgespannt um darunter die Nacht zu verbringen. Größten Dank von meiner Seite an alle an dieser Stelle und auch den vielen sonstigen Betreuern an der Strecke, die über einen so langen Zeitraum bereit stehen um uns zu helfen oder im Notfall einzuspringen. Die Wegmarkierungen sind trotz Dunkelheit für mich problemlos auszumachen und so finde ich die richtige Spur nach unten. Zum Abschluss bekommen wir noch eine ganz enge, supersteile und rutschige Passage geboten, die es gewaschen hat. Auch wenn ich mich wiederhole, dieser Bergabstieg ist der Wahnsinn. Später erfahre ich, dass es hier herunter Jan einmal richtig überschlagen hat und Mario hat sich gleich 3 x lang gelegt. Und auch Daniel hat Bodenkontakt gehabt, vielleicht schreibt er ja darüber in seinem Bericht.
Die beiden Schlusskilometer führen über Teerstraßen nach Grainau, viele Anwohner stehen vor ihren Häusern und feuern uns an. Ich hätte heute sogar noch ein paar Kilometer drauf, kann alles durchlaufen und ein paar Verfolger abschütteln, ich fühle mich immer noch prächtig. Zu Mitte des Rennens hätte ich davon nicht zu träumen gewagt. Der Zieleinlauf in der Nacht, nach über 13 Stunden ist wirklich absolut geil und ein unglaubliches Glücksgefühl führt mich hinein ins „Zelt“ des Musikpavillion wo ich von vielen Menschen mit Applaus empfangen werde. Jan ist schon über eine Stunde da und Mario kommt 40 Minuten nach mir – trotz Stürze – wohlbehalten rein.
Die Premiere des SALOMON ZUGSPITZ ULTRATRAIL ist wirklich geglückt, sollte bei der nächsten Austragung auch noch etwas mehr Cola eingekauft werden, steht einer Erfolgsstory nichts im Wege.
Auch wenn der Supertrail hier etwas im Schatten des „großen“ Ultratrail steht, der „Kleine“ ist nicht nur ein einfacher Ableger. Als alleinstehender Lauf wäre er genauso ein Mega-Event mit höchstem Schwierigkeitscharakter. 30 Ausfälle von 266 belegen das. Nicht zuletzt die äußerst anspruchsvollen Bergabeinheiten machen ihn zu einer echten Herausforderung und ist nicht unbedingt für Jedermann empfehlenswert.
ULTRATRAIL 101 km, 5474 HM - Men
1. Heras Miguel, E-SALAMANCA 10:55.19,9
2. Karrera Aranburu Iker, E-Tolosa 11:09.25,9
3. Dippacher Matthias, Oy-Mittelberg 11:14.46,5
......
Steiner Daniel marathon4you 21:33.42, 6
ULTRATRAIL Women
1. Böttger Julia, Rott am Inn 14:15.08,8
2. Wermescher Ildikó, H-Budapest 15:07.29,7
3. Calmbach Andrea, Donzdorf 16:00.00,6
329 Finisher
SUPERTRAIL 68.8 km, 3120 HM - Men
1. Reiter Philipp, Bad Reichenhall 7:04.04,1
2. Philipp Anton, Weitnau 7:20.21,6
3. Stelzle Florian, Landshut 7:33.39,3
......
Manhard Bernie, marathon4you 13:07.35,6
SUPERTRAIL Women
1. Zajac Kasia, Bayreuth 9:05.28,1
2. Philipp Simone, Weitnau 9:22.01,1
3. Clemen Ellen, Garmisch-Partenkirchen 9:25.56,2
236 Finisher