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Mit Feinschliff zum Finish – Warum die Peak Phase der Schlüssel zum Erfolg ist

Bereich: Training

Quelle: Marius Prigge – Finishline Emotions Coaching
18.04.25

Es ist jedes Jahr das Gleiche: Die Sonne geht früher auf, die Frühsommer-Wettkämpfe stehen kurz bevor, die Form ist im Anflug – und plötzlich tritt ein Phänomen auf, das ich liebevoll den "Trainingsblindflug" nenne. Athlet*innen schieben sich im April und Mai noch ein paar extra Kilometer rein, ballern noch schnell ein Strava-Segment ins persönliche Museum und wischen lässig den Gedanken an Struktur und System beiseite. Klar, die Energie ist da. Die Lust auch. Nur: In dieser sogenannten Peak-Phase – den letzten 3 bis 6 Wochen vor einem Hauptwettkampf – passieren die meisten Fehler.

 

Warum das so ist? 

 

Weil du in der Peak-Phase oft schon "leicht angeschlagen" unterwegs bist. Der Körper hat Wochen der Belastung hinter sich, die Speicher sind nicht mehr ganz so prall, und das Nervensystem? Sagen wir mal: es freut sich über jedes Powernap. Genau hier liegt die große Kunst: Reize setzen, ohne zu überreizen. Belastung erhöhen, ohne kaputt zu trainieren. Fortschritt feiern, ohne auf den letzten Metern zu verbrennen.

 

 
 
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Was viele nicht wissen

 

Die Peak-Phase ist nicht nur der Endspurt – sie ist der Ort, an dem du lernst, das Tempo deines Rennens zu verinnerlichen, also dein Wettkampftempo zu ökonomisieren. Du verbringst möglichst viel Zeit in dieser Intensität, testest deinen Fueling-Plan und schärfst das Selbstvertrauen. Eine 2021 veröffentlichte Studie der Norwegian School of Sport Sciences (Støren et al.) zeigt, dass gezielte Tempoläufe im spezifischen Wettkampftempo in der Peak-Phase die „Laufökonomie“ bei Ausdauerathleten signifikant verbessern – das bedeutet: weniger Energieaufwand pro Kilometer, und das ist besonders im Trailrunning Gold wert.

 

Was ich in meinem Coaching immer wieder betone

 

Jetzt ist nicht die Zeit, dich mit neuen Schuhen, wilden Test-Workouts oder allzu experimentellen Ernährungsexperimenten zu beschäftigen. Jetzt ist die Zeit, alles aufeinander abzustimmen. Ein Plan, der Tempo, Höhe, Regeneration und Verpflegung sinnvoll vereint. Wer denkt, in der Peak-Phase müsse man „noch einmal alles geben“, liegt falsch. Es geht darum, gezielt die richtigen Belastungen zu setzen, die dich fordern – aber nicht erschlagen. Wer hier Kopflos Kilometer frisst, kann seiner Wettkampfform schaden. Klingt einfach, ist aber oft das schwierigste.

 

 
 
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Ein zweiter, spannender Aspekt

 

Die mentale Komponente. In einer Studie von Brick et al. (2016) wurde nachgewiesen, dass Athleten, die während der letzten Trainingswochen mit Zielbildern und mentaler Selbstinstruktion arbeiten, ihre subjektive Anstrengung als geringer empfinden – obwohl sie objektiv auf gleichem Niveau trainierten. Heißt übersetzt: Wer sein Ziel klar visualisiert, läuft lockerer. In der Praxis? Schreib dir dein Ziel fett auf. Häng es an den Kühlschrank. An den Spiegel. Oder schreib es mit Edding auf den Handrücken – Hauptsache, du siehst es jeden Tag. Eine weitere spannende mental Technik ist die Affirmation des Ziels. Stelle dir zum einschlafen das Erreichen deiner Ziele vor dem geistigen Auge vor. Träume dich in dieses positive Gefühl ein und löse auftretende Probleme.

In der Peak-Phase geht es nicht mehr um Grundlagen. Die hast du gelegt. Jetzt geht es um Verfeinerung: gezielte Itervalle, Downhill-Ökonomie, Energy Gels im Realtest, der lange Lauf mit den Schuhen, die du auch am Renntag trägst. Jetzt testest du die Musik-Playlist, das Wettkampfshirt, die Riegel. Du trainierst nicht mehr nur für den Körper – du trainierst für dein gesamtes System. Und du übst den Ablauf, den du am Wettkampftag brauchst.

 

 
 
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Das große Ultra-Mysterium

 

"Wenn ich 100 Kilometer im Wettkampf laufen will, muss ich vorher mindestens 80 im Training gelaufen sein, oder?" – Nein. Definitiv nicht. Dieser Mythos hält sich hartnäckig. Und ja, es kann mental beruhigend wirken, wenn man mal 60 oder 70 Kilometer am Stück runterreißt. Aber genau da liegt der Fehler: Wer in der Peak-Phase auf extreme Distanzen setzt, riskiert Überlastung, muskuläre Schäden und eine nicht mehr kompensierbare Ermüdung. Das Problem liegt in der zu hohen Belastung eines einzelnen Trainings, das dich im Zweifel für weitere wichtige Trainings der Peak Phase zu stark ermüden kann.

 

 

Viel sinnvoller: Setze auf sogenannte "Back-to-Back-Einheiten" – zwei lange Läufe an aufeinanderfolgenden Tagen. Zum Beispiel Samstag 3 Stunden in hügeligem Gelände und Sonntag noch einmal 2,5 Stunden mit höherem Tempoanteil im Downhill. Damit simulierst du perfekt die Vorermüdung eines Ultra-Wettkampfs und bringst deinen Körper in genau den Zustand, den er auch bei Kilometer 60 oder 80 erlebt – nur eben mit weniger Risiko.

Diese Methode ist nicht nur effektiver, sie ist auch alltagstauglicher. Und sie fördert die mentale Stärke: Du startest mit müden Beinen und lernst, den inneren Schweinehund mit einem Kopfnicken zum Schweigen zu bringen. Außerdem schärfst du dein Körpergefühl und bekommst ein realistisches Feedback, wie dein Magen, deine Muskeln und deine Motivation auf Belastung reagieren.

 

Was ich mir für viele Athleten wünsche

 

Weniger Angst, „etwas zu verpassen“ und mehr Vertrauen in die Qualität die das Training bis hier bereits gebracht hat. Wenn du dich in der Peak-Phase auf die richtigen Reize konzentrierst, wenn du lernst, das eigene Körpergefühl zu lesen wie ein Wetterbericht in den Bergen, dann wird dein Rennen nicht nur ein Finish – sondern ein emotionaler Höhepunkt.

Bleib dran, trainiere smart und vor allem: Lass dich in der Peak-Phase nicht von deinem Ego leiten, sondern von deinem Plan.

 

Dein Coach, Marius

 
 
 
 
 
 

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