SALOMON ALPEN X 100 über 160 Kilometer – 310 gestartete Teilnehmer insgesamt auf allen drei Distanzen, extreme Wetterbedingungen und ein hartes Finale.
Das war selbst für einen Weltklasse-Trailrunner wie Iker Karrera eine ganz, ganz harte Aufgabe. Vielleicht sogar eine zu harte Aufgabe. Als der erfahrene Spanier am Samstagabend kurz vor Mitternacht nach 25:29.33,9 Stunden die Ziellinie in Brixen in Südtirol passierte und damit als erster Sieger des SALOMON ALPEN X 100 feststand, da ging so gut wie nichts mehr. Karrera war nach 160,4 Kilometer am Ende seiner Kräfte, sein geschundener Körper wollte nicht mehr, die Beine versagten ihren Dienst. Das technisch extrem anspruchsvolle Finale bei der ersten non-stop Alpenüberquerung für Trailrunner von Seefeld in Österreich nach Brixen wurde zu einer enormen und in diesem Maße nicht erwarteten Herausforderung für die Teilnehmer.
Platz zwei ging an den Italiener Alexander Rabensteiner (26:45.54,9 Stunden), Rang drei an den Österreicher Sebastian Fuchs (27:08.17,2 Stunden). Schnellste Frau über die 100 Meilen war die Meranerin Annemarie Gross in 31:38.24,3 Stunden, Ines Melzer erreichte als zweite Frau nach 46:28:04,9 das Ziel in Brixen.
Fazit nach der Premiere des SALOMON ALPEN X 100: Das höchst anspruchsvolle Finale bei diesem 160,4 Kilometer langen Lauf in Kombination mit dem miserablen Witterungsbedingungen in der ersten Hälfte und der einsetzenden Dunkelheit sowie Kälte verlangte den Teilnehmern alles ab. Dazu kamen 9200 Höhenmeter im Aufstieg und fast 10000 Höhenmeter im Abstieg.
Als Iker Karrera nach 25:29.33,9 Stunden kurz vor Mitternacht den Domplatz in Brixen erreichte, war er am Limit. Zu groß waren die Strapazen nach einem Lauf, der von den Athleten alles abgefordert und sie psychisch und physisch an ihre Grenzen gebracht hatte. Nicht nur wegen der Länge von 100 Meilen in der Kombination mit 9224 Höhenmeter im Anstieg und 9843 Höhenmeter im Abstieg. Zumindest die erste Hälfte des Rennens wurde extrem stark geprägt von widrigsten Witterungsbedingungen. Dauerregen, heftige Winde und Temperaturen in der Nacht um die 5 Grad und Freibad-Wetter in Brixen hatten die erste Auflage des SALOMON ALPEN X 100 zu einer echten Probe für Mensch und Material gemacht.
„Es war unglaublich hart. Es war die Summe von vielen Einzelheiten. Zuerst das schlechte Wetter, dann der heftige Wind und schließlich die Herausforderungen im Finale. Zwischendurch hatte ich Zweifel, ob ich es schaffen würde“, kommentierte der sichtlich angeschlagene und erschöpfte Karrera seinen Erfolg.
Um 22 Uhr am Freitagabend hatten sich die 160 von ursprünglich 220 gemeldeten Athleten aus 25 Nationen – darunter 15 Frauen – in der Olympiaregion Seefeld/Tirol in den Startbereich begeben. Es herrschte eine gespannte Atmosphäre, eine Mischung aus Respekt und Abenteuerlust, die Stimmen ruhig, die Gesichter unter den funkelnden Stirnlampen angespannt, Gänsehautfeeling pur. Seefeld im Sommer wirkte am Freitagabend ungefähr so einladend wie eine Ölbohrinsel im Winter. Beim Briefing wurde noch der ein oder andere Scherz gewagt. Peter Schlickenrieder, der Silbermedaillengewinner von Salt Lake City 2002 im Skilanglauf, wünschte sich einen „trockenen Start und im Ziel einen Cappuccino auf der Sonnenterrasse in Brixen.“
Am Ende erreichten nur 61 der 160 Teilnehmer das Ziel in Brixen – 59 Herren und 2 Damen.
Die Renngeschichte über die lange Distanz entwickelt sich schnell zu einem Zweikampf zwischen dem hohen Favoriten Iker Karrera (Team SALOMON) aus Spanien und dem Lokalmatador Alexander Rabensteiner (Team Skinfit) aus Klausen in Südtirol. Lange sah es dabei nach einem Sensationssieg des Italieners aus, der auf dem Weg zur dritten Verpflegungsstation zwischen Axamer Lizum und Stubaital mit einem Downhill von über 1000 HM gut 28 Minuten Vorsprung herauslief. Karrera ging auf den tiefen Trails kein Risiko ein und verlief sich noch zu allem Überfluss, was ihn geschätzt zehn Minuten Zeit kostete. Doch damit war der Routinier und Transalpine-Run-Gewinner von 2012 noch längst nicht geschlagen.
Der 42 Jahre Baske erhöhte in der Folge unmerklich aber stetig das Tempo und lag bei Kilometer 100 an der neunten Verpflegungsstelle nur noch 15 Minuten hinter Rabenstein. In Gasteig nur noch sieben Minuten. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Rennen quasi neu gestartet. Das Wetter wurde besser, die Wolken brachen auf und ließen die Sonne durch. Allein ein extrem starker Nordwind machte den Athleten besonders auf den baumlosen Hochebenen zu schaffen. Nach einem langen und schweren Aufstieg von Gasteig auf das 2211 m hohe Penser Joch war der Spanier ähnlich schnell unterwegs wie das auf der Passhöhe installierte Windrad.
Als er zunächst die Passhöhe und anschließend den höchsten Punkt des Rennens erreichte, das 2506 m hohe Tellerjoch, lag er nicht mehr sieben Minuten hinter dem Südtiroler, sondern 37 Minuten vor ihm. Was folgte, war der wahrscheinlich schönste, aber auch anspruchsvollste Streckenteil des gesamten Laufes. Ein Abschnitt, der von allen Läufern extremes technisches Knowhow und höchste Konzentration forderte.
Und selbst die Spitzenläufer wie Karrera oder Rabensteiner gerieten hier an ihre Grenzen. „Bei Kilometer 107 ging das Rennen erst richtig los“, resümierte Karrera. Für die 18 Kilometer von der Verpflegungsstation 11 am Penser Joch bis zur Verpflegungsstation 12 im Schalderer Tal benötigten beide Athleten um die 5 Stunden. Weiter hinten waren Teilnehmer bis zu neun Stunden in diesem Teilstück unterwegs. Der letzte Teilnehmer lief um 21.15 am Sonntag auf dem Domplatz ein.
Neben dem besonders in den USA und Kanada beliebten „100 Meiler“ gab es noch zwei weitere Distanzen über 102,3 bzw. 69,7 Kilometer, die in Steinach (Österreich) und Gossensass (Italien) gestartet wurden. Über die kürzere Strecke (4313 HM Aufstieg/4848 HM Abstieg) mit Start in Gossensass unterhalb des Brenners dominierte der Österreicher Thomas Farbmacher in 8:30.57,6 Stunden, der damit nach seinem Erfolg beim SALOMON ZUGSPITZ ULTRATRAIL seinen zweiten großen Erfolg und gleichzeitig seinen 30. Geburtstag feierte. Farbmacher (SALOMON RUNNING TEAM) war lange zusammen an der Spitze mit dem späteren Drittplatzierten Christian Moser (8:41.05,2 Stunden) aus Italien und dem Münchner Trail-Nationalmannschaftläufer Moritz auf der Heide, der in 8:37.52,9 Stunden Zweiter wurde.
Die Entscheidung fiel bei Kilometer 60 im Downhill. Lokalmatador Moser war da schon ermüdet zurückgefallen. „Im Abstieg habe ich mir den Stecker gezogen, es ging nichts mehr“, gestand Moritz auf der Heide. Und Farbmacher ließ es dann richtig rollen. Hinunter von der 2195 m hohen Kaserscharte ins nur 560 m hoch gelegene Brixen. „Moritz hat mir die Erlaubnis gegeben und gesagt. Du kannst allein gewinnen“, schmunzelte der Österreicher, der trotz aller Anstrengungen die tollen Singletrails und die gute Organisation lobte.
Bei den Frauen gab's ebenfalls einen spannenden Dreikampf, den die Schweizerin Maja Dorfschmid (12:04.59 Stunden) vor der lange Zeit auf Platz 3 liegenden Bozenerin Tanja Plaikner (12:08.28 Stunden) und der zum Schluss abbauenden Belgierin Anouk Doore (12:39.11 Stunden) gewann.
Die knapp 102 Kilometer lange Strecke von Steinach nach Brixen hatte es mit 6291 HM im Anstieg und 6779 HM im Abstieg in sich. Der Schweizer Adrian Brennwald lag vom ersten Meter an in Führung und erreichte das Ziel nach 14.23.39,7 Stunden. Rang zwei ging an den Südtiroler Alfred Psenner (15:18.26 Stunden), Rang drei an den Österreicher Christian Gangl (16:27.28 Stunden).
Bei den Frauen lief die Italienerin Simona Morbelli (Team SALOMON) in 16:57.01 Stunden einen ungefährdeten Favoritensieg ein. Es folgten Stephanie Lieb (SV Bergdorf Höhn, 19:29.55 Stunden) und Biggi Fauser (Bad Wurzach, 22:08.12). Morbelli, die zunächst einen Start auf der langen Strecke über 160 Kilometer geplant hatte, war so schnell unterwegs, dass sich auf Rang 4 bei den Männern gelandet wäre.